Mittwoch, 17. Dezember 2025

Rafael van den Kiffen (1599-1676)



Wir formalisieren bis wir Kommensurabilität erreichen, letztlich um den Preis, dass wir nicht mehr wissen, wovon wir reden. Was haben dann von Kommensurabilität? Technologie. Wozu brauchen wir Technologie? Den Luxus, diese Frage stellen zu können, erlauben wir uns, weil wir Technologie haben. Hätten wir sie nicht, wäre die Frage dringlicher, wie wir sie bekommen, und es gäbe zwei Möglichkeiten: als Magie-für-uns (Technologie, die wir nicht selbst erschaffen haben und darum nicht verstehen) und auf der Grundlage der Wissenschaft.


Die Fragen, wie etwas funktioniert und was es ist, sind grundsätzlich inkommensurabel. Dennoch können wir die Frage nach dem, was Wissenschaft ist, beantworten, indem wir zeigen, wie sie funktioniert. Die Inkommensurabilität verschwindet nicht, sie verschiebt sich nur: Die Frage, warum Wissenschaft grundsätzlich funktioniert, können wir nicht beantworten. Warum lässt sich die äußere Mannigfaltigkeit unter formale Gesetze bringen? Dass es möglich ist, zeigt die angewandte Wissenschaft, die Technologie. Was sind die Naturgesetze? Wer ist der Gesetzgeber? Solche Fragen sind für das wissenschaftliche Denken relevant und nicht „Was bedeutet das alles für mich?“ Die subjektiven Fragen lassen, um mit Hedonikus zu sprechen, nur subjektive Antworten zu.


Mit Kjelde als Dekadenzerscheinung kann ich leben. Als Schlusspunkt einer philosophischen Tradition ist sein Denken nicht so deplatziert als wenn man ihn an den Anfang stellt: der lebensphilosophische Skeptizismus setzt voraus, dass es eine lange Tradition objektiven und allgemeingültigen Denkens gibt. Nun würde ich halt lieber den Wissenschaftsphilosophen Rafael van den Kiffen als Abschluss dieser Tradition sehen; und was das Werk von Gravelaine angeht, das ist nicht mehr Philosophie, das ist Weltliteratur.


Das Prinzip des Kreises der Wissenschaft (Physik, Chemie, Biologie, Psychologie, Philosophie, Mathematik, Physik) begründete van den Kiffen in den späten 1630-ern, das Ziel war interdisziplinäre Kommensurabilität. Mit Verwunderung betrachtete er das sinkende Interesse an der Wissenschaft; Krieg war für alle Krieg, und er hatte dazu noch den undankbaren Job des Politikers. Er gestaltete das erste Parteiensystem in Ceachelle mit. 1651, als der Dust settelte, rezipierte er das Skandalbuch vom Ende der Wissenschaft, das sich in Preteria großer Zustimmung der Mächtigen erfreute. Er facepalmte kopfschüttelnd.


1652-1660 trat seine metawissenschaftliche integrale Methode bei uns den Siegeszug an, doch kippte zunehmend ins Lebensphilosophische; nachdem die spirituelle Erleuchtung als Turbo-Schnellkurs sich illusorisch erwies, wurde seiner ganzen Wissenschaftsphilosophie enttäuscht der Rücken gekehrt. Der Nihilismus, der uns immer in positiver, freiheitlicher Form begleitete, wurde immer düsterer, bis er 1673/74 sogar lebensfeindlich wurde. Auf diesem Rosse ritt der Ritter Gravelaine, sein Wort war nicht nur Gesetz, es war Offenbarung. Wie es anders als totale Resignation genannt werden kann, fällt mir nicht ein.


Van den Kiffen verbrachte seine späten Jahre als Senator in Lxiour, er hatte auch im Parlament immer wieder die Partei der Nihilisten angeführt, die sich zu keinem Zeitpunkt seit ihrem Bestehen einer lebensverneinenden Philosophie zugewandt hatte, was sie nur verdächtiger machte: die finstersten Pessimisten galten als die wahren Realisten, die Partei der Lockerheit als weltfremd.


N. T. van Anderten, 5.8.1914.



„Für van Anderten gibt es nur Wissenschaft, Philosophie als Weltbezug versteht er nicht“.

Aus dem Nachlass von Wolf Kress.

 
„Der stockkonservative Higerado und der steinliberale van den Kiffen dachten über den Sinn des Weltganzen nicht nach, sie setzten ihn stillschweigend voraus. Besser als nur darüber nachzudenken. Doch die eigentliche Frage ist ja, ob unsere Positivisten den Unterschied zwischen Substanz und Funktion verstehen. Van Anderten setzt ihn als bekannt voraus und fragt, ob seine Kritiker den Zusammenhang zwischen Funktion und Substanz auf der Metaebene verstehen. Kjelde hätte ihn verstanden, Gravelaine wahrscheinlich nicht mehr: er war Reduktionist. Und nun stelle man sich einen Existenzphilosophen vor, der nur in Funktionzusammenhängen denkt. Das ist nihilistischer als die metaphysikfreieste Naturwissenschaft“.

Kiite Aurele, 6.8.1914.


Dienstag, 16. Dezember 2025

J. F. Kjelde (1596-1648)

 

 

 

Noch nie ist mir ein weiserer Mann begegnet“. General Grevious, Tagebucheintrag im März 1648, wenige Monate vor dem Tod Kjeldes.



Die alte Tradition beginnt mit Archar Aristarch (1272-1354), der im Jahr der Auflösung des Stadtstaates von Inii stirbt. Aristarch lebt in Alienne, das zum westlichen und noch bestehenden Colochmetien gehört. Der offizielle Anfang unserer philosophischen Tradition ist das Werk „Die Neun Sonnen“ von Aristarch (1299). Kjelde bildet mit Gravelaine den Abschluss dieser Tradition, die zwar postphilosophisch und rezeptiv mit Nhieu, Coona und anderen weiterbesteht, aber mit dem Tod Gravelaines 1683 als abgeschlossen gilt. Wobei das wiederum nur eine Momentaufnahme im Jahr 2005 ist und sich noch ändern kann (viele Denker nach Dark gehören eigentlich der alten Tradition an und sind nicht der Philosophiegeschichte der Finisterre zuzurechnen, die für ernste Systematiker wie mich 1773 beginnt).


Die Postulierung der Logik als Mittel der Welterkenntnis wird von Aristarch selbst als der Bruch des Geistes mit der Welt bezeichnet, und in seiner Interpretation der Geschichte von Jason Walton May ist Walten Hush nichts anderes als die durch den wissenschaftlichen Angriff auf die Natur in Gang gesetzte Weltgeschichte.


Dennoch ist Aristarch ein klarer Befürworter der Wissenschaft, der nur vor deren Verabsolutierung warnt. Nach 1354 nimmt die Weltgeschichte ihren schrecklichen Lauf, und während das siegessatte Colochmetien auf kleine vom Weltlauf weitgehend isolierte Interlesbien zusammenschrumpft, betreten die ersten großen profanen Mächte die Bühne der Geschichte. Die philosophische Tradition der westlichen Waldgänger besteht neben dem Legalismus der Königshöfe, der Naturphilosophie der Abenteurer und Kaufleute und der positiven Theologie der unzähligen Religionsgemeinschaften.


Die Geistesgeschichte bis 1632 ist als bekannt vorausgesetzt. Von da an (in einem Manifest von 1617 wurzelnd) nimmt sie ihre bedeutendste Abzweigung, und zwar in der Finisterre. Die geistige Landschaft in Reburt ist um 1600 karg, und rezipiert im 17. Jahrhundert den objektiven Idealismus aus Vienne und die naturrechtliche Moralphilosophie aus Preteria, die kaum besser ist. Im 18. Jahrhundert ist unser stolzes Reburt weiterhin eine schlafende Stadt. Die westliche Spätphilosophie hat sich vor allem in Ceachelle abgespielt, und so ist es nur angemessen, dass die bis heute wichtigsten Zusammentreffen der besten Denker (Ceachelien) dort stattfinden.


Kaum verständlich, wie die hochreflektierte Essenzphilosiphie der 1630-er einst nicht als Spätphilosophie gesehen wurde, so voraussetzungsreich wie sie ist. Die Existenzphilosophie von Cattangee, die er von 1624 bis 1630 ausgearbeitet hatte, war bereits als Abschluss einer langen Denktradition gedacht. Doch Kjelde ging noch weiter und integrierte in die metawissenschaftliche und postlogozentrische Betrachtungsweise auch die negative Theologie und positive Mystik. Er nahm Fighs Essenztheorie von Gut und Böse ästhetisch ernst, also interpretierte sie im Sinne von Arecast.


Durch das Ausbreiten der epistemischen und mystisch-religiöser Aporetik stellte Kjelde klar, dass nur noch der ästhetische Weg der Erkenntnis offen war, was für die Spätphilosophie einer Tradition spricht. Die Einstellung zum Wissen dürfe nicht reduktionistisch sein, die Einstellung zum Nichtwissen nicht resignativ.


Der vortrefflichste der feindlichen Heerführer, General Grevious, gab 1648 in einem Gespräch mit Kjelde zu, „kriegssüchtig“ zu sein. Er führte bis ins hohe Alter Heere an und starb 1682 unmittelbar nach einer Schlacht. Kjelde sah in seiner Philosophie des Geistes Anfang der 1640-er den Widerspruch als die treibende Kraft des Lebens an, und polemisierte scharf gegen seinen berüchtigten Zeitgenossen, der alle Widersprüche „versöhnen“ wollte. Wenige Jahre nach dem Tod Kjeldes, 1652-1660, betrat ein kreativer Widerspruchslöser mit seinem integralen Ansatz die Bühne, während der für seine Dialektik berüchtigte Originaldenker bis 1696, lange nach seinem Tod, auf die Rezeption in der Finisterre warten musste.


Der Widerspruch ermöglicht dem Denken, zu unerwarteten Ergebnissen zu kommen, und befördert damit echte Erkenntnis. Dass These und Antithese eine Synthese ergeben sollten, sah Kjelde als ein Nullsummenspiel an, bei dem das Denken nichts gewinnt. Im Gegenteil: die Nuancen sowohl der These als auch der Antithese werden auf dem Altar der Synthese geopfert. Das sei „logische Barbarei, nichts weiter“, so Kjelde.


Er sah die Zukunft der Finisterre nach dem Krieg pessimistisch: Weise sah er voraus, dass der strukturelle Widerspruch zwischen dem sich selbst genügenden Hochland von Lxiour und den Städten an der Küste das politische Leben auf Jahrzehnte lähmen würde. Er sollte Recht behalten. Der politische Prozess wurde sogar im weitesten Sinne basisdemokratisch, weil die Politik so gut wie nichts zu entscheiden hatte. Von der Neugründung des Staates 1652 bis zur Moralischen Revolution 1747/48 ging es in der Politik der Finisterre um die „Verwaltung der Ohnmacht“, wenn man schon bei Kjelde und Gravelaine von der philosophischen „Verwaltung des Nichtwissens“ spricht. „Betreute Anomie“, nannte Gravelaine die Zustände in Ceachelle (1680). 



Alfred Kretschet, 5.12.2005.

John Cattangee (1593-1646)

 

 

 

Bevor ich Kjelde gegen die Angriffe von van Anderten und Ceresa in Schutz nehmen will, muss ich den lebzeitlich bekannteren Fremden in Erinnerung rufen; der Einfluss von John Cattangee auf unser Denken im 17. Jahrhundert ist so gewaltig, dass er zu einem weißen Elefanten in einem porzellanlosen Vorraum eines verständnislosen Bahnhofs geworden ist. Kurz: Es lässt sich für und wider argumentieren, so und anders, aus diesen und anderen Gründen. Das war Kjelde mehr als bewusst. Er endete nicht in aporetischen Zwangsrelativismen, er setzte sie bereits voraus.


John Cattangee, ein Ni dom nach J. X. Selff, sah sich als der Endpunkt einer Tradition, und Kjelde sah sich als sein legitimer Nachlassverwalter. Sie kannten sich gut, lebten in Ceachelle und hatten im Krieg keine Position bezogen, aber nicht aus moralischer Apathie. Sie argumentierten, dass wenn die Welt gut ist, sich das Gute schon durchsetzen wird. Das war nicht zynisch gemeint. Doch als die Truppen von General Grevious auf Befehl eines wahnsinnigen Königs Vernichtungszüge unternahmen, die alles, was in der Tradition von Adelaid und Aristarch stand, auslöschen sollten, war die Neutralität mit Weisheit nicht mehr zu begründen. 


Welches Wissen teilten Cattangee und Kjelde, das das teilnahmslose Zusehen dennoch rechtfertigte? Und taten sie denn wirklich nichts? Sie argumentierten für die radikale Vergeblichkeit, aber Cattangee organisierte nicht weniger als neun Flüchtlingsunterkünfte auf dem Land, und Kjelde schmuggelte Dokumente für die Regierung in Lxiour an den Besatzern vorbei. Weder der Feigheit noch des moralischen Relativismus schuldig, verweigerten die Beiden strikt jeden Zweckoptimismus und jeden Zweckmanichäismus erst recht.


So wie Kiite Aurele immer wieder sagt: „Ich habe alle meine Erkenntnisse im Drogenrausch gewonnen, aber macht es mir nicht nach, es wird euch zerstören!“, so hätten Cattangee und Kjelde sinngemäß warnen können: „Wir müssen alles relativieren, aber macht es uns nicht nach, ihr werdet mit den Ergebnissen eures Denkens nicht leben können!“ Denn im Grunde haben sie intuitiv etwas erkannt, was ich erst 250 Jahre später in meiner Sprachkritik expliziert habe: alles Wissen ist aporetisch, die Aporien lösen sich auf einer höheren Ebene zwar auf, aber die Antworten sind dann inkommensurabel mit den ursprünglichen Fragen.


Als ich mit dem Meister von Dorcor zum ersten Mal zusammentraf, wollte ich wissen, ob Bodoncar existiert hat. Er sah mich ruhig an und fragte: „Warum willst du zu Bodoncar Zuflucht nehmen? Was lässt dich an deiner eigenen Existenz zweifeln?“ Der Schlüssel liegt im Erleben, nicht im Denken. Wer aber das Erleben zum bloßen Mittel der Erfahrung macht, um für sein Denken Erkenntnisse zu gewinnen, verfehlt das Leben. Das Denken Cattangees war ein postlogisches Changieren zwischen den Seinsebenen, und Kjelde zog die Konsequenz daraus.


Cattangee legte den Grundstein für den Grundkonsens, dass das Leben als Schnittstelle von Denken und Sein ein nicht auf Prinzipien oder Gesetze reduzierbarer Kontingenzraum ist, und dass daraus ein nihilistischer Relativismus wurde, ist dem steilen Abstieg des philosophischen Denkens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu verdanken.


Der Preis für das politische Überleben war höher als gedacht: die zweite, negative Phase der Geschichte der Finisterre (1652-1737) war von Resignation und Entfremdung geprägt. Gravelaine war der einzige Stern am Himmel des immer negativer werdenden Nihilismus, und jeder Intellektuelle in den 1670-ern wartete ungeduldig auf die nächste Aphorisnensammlung des Meisters der „Existenz im Unmöglichen“ (Cattangee). Als Gravelaine 1683 starb, hinterließ er eine Leere, die bis 1748 nicht mehr gefüllt werden konnte. Der Nihilismus wurde immer zynischer, die Lyrik sadistisch, die Geschichtsschreibung im schlechten Sinne ironisch. Ab 1696 setzte sich, unseren Geist kolonisierend, ein sehr sophistizierter objektiver Idealismus durch, der von 1703 bis 1710 als absolute Wahrheit gefeiert wurde und 1718 eine präzedenzlose geistige Bankrotterklärung hinnehmen musste. Nein, Kjelde und Gravelaine haben die Tradition nicht vergessen, sie haben implizit immer mit ihr gearbeitet.


Ilf Ill, 24.7.1914.


„Van Anderten ging es um die Wissenschaft, Ceresa um die kulturelle Tradition. Die Ironie war, dass die von ihnen Kritisierten Abschluss, nicht Vorstufe der wissenschaftlichen Tradition waren, und, besonders gegen Ceresa, dass er selbst die kulturelle Tradition angegriffen hatte (die Kultur des 17. Jahrhunderts wäre ohne Kjelde und Gravelaine die Negation nicht nur der Tradition, auch der Kultur selbst, gewesen)“.

Endhold Stockinger, 1998

„Wenn Cattangee, Kjelde und Gravelaine das Ende der Tradition sind, dann beginnt unsere eigentliche Philosophiegeschichte mit Alien Dark 1748, und wir müssen die Jahre von 1312 bis 1683 als unsere Antike betrachten, sagte van Anderten zu Aurele, als der geistesgeschichtliche Paradigmenwechsel sich anbahnte: „Die Alten fingen als Naturwissenschaftler an und endeten als Mystiker. Wir machen es andersrum. Die Frage ist dann eigentlich, warum wir so lange bei den Skeptikern des 17. Jahrhunderts, und nicht bei Dark den Anfang unserer aktuellen Denktradition gesucht haben“. Aurele sah den Grund im tiefen psychologischen Trauma: „Wir haben im Unmöglichen überlebt. Das ist unser Urmythos, die geistig-moralische Basis unserer heutigen Kultur. Wir haben die Lebensphilosophie zum Ursprung gemacht, und haben dieses Narrativ gegen die Faktenlage behauptet. In Wirklichkeit fängt unsere Denkgeschichte, die wirklich die unsere ist, erstens mit Dark an, und zweitens nicht 1748, vielmehr 1773“.

Alfred Kretschet, 2014.

"Van Anderten argumentierte gegen das Vorurteil, es hätte in unserer Vorzeit nur Mythen gegeben; Ceresa kritisierte das Vergessen der Tradition. Mit Higerados Werk, und dort insbesondere die Diskussion des Lebenswerks von Aristarch, zeigte sich, dass die Tradition von Anfang an mit ihrem Vergessen rechnete und es gar nicht für so schlecht hielt".

Fiine Pousteaux, 2021.

Ariel Higerado (1588-1677)



In seiner Habilitationsschrift „Exakte Wissenschaft: Die älteste nihilistische Tradition“ (Vienne, 1914) untersucht Diine Yiihhi die ideellen Voraussetzungen des „Nihilismus der Freiheit“, der gegen einen scheinbar unbesiegbaren Kult siegreichen geistigen Befreiungsbewegung, die im Spätherbst 1620 eine konservative positiv-nihilistische Revolution darbrach.


Nach dem regenreichen Sommer 1913, dem rekordwarmen Frühling 1914 und dem laufenden kalten Rekordsommer schaue auch ich etwas öfter auf das Thermometer und lese mir mit steigenderem Neterpeniye die Klimaberichte durch. Der Punkt ist: unser Nihilismus war fast durchgehend eine unversiegbare Quelle von Lebensfreude und Freiheitswillen, weil wir die reichste Tradition exakter Wissenschaft haben. Warum haben wir die großen fremden Denker in Kathetus, Hypothenus und Hedonikus umbenannt? Weil es zu jedem von ihnen eine Entsprechung aus iniischer Tradition gegeben hat. Die Quellenforschung ist fast abgeschlossen, und wir können mit einer Relativierung Kjeldes und sogar Arecast als Startpunkt unserer Philosophiegeschichte rechnen.


Was zeichnet den zum alten Mann gewordenen alten Higerado aus? Er ist der traditionsbewussteste konservative Philosoph, den wir hatten. Ceresa hat mehrere Ausgaben seines Werkes in Actinien zusammengestellt; der neuesten Ausgabe ist die wichtigste wissenschaftshistorische Schrift Higerados hinzugefügt worden (was ihre Zeit bruuch, da sie nur als Handschrift in einer einzigen Ausgabe erhalten ist), und wir wissen seitdem prozentübergreifend genau: Am Anfang war Wissenschaft.


Higerado hat die wissenschaftliche Tradition bewahrt und weitergegeben wie kein anderer vor und nach ihm. Als hätte es keine Tradition gegeben, begannen wir unsere Geistesgeschichte mit Kjelde, der sich unsicher war, ob er etwas wissen konnte, und setzten sie mit Gravelaine fort, der sich sicher war, dass wir nichts wissen konnten. Bis 1696 stürmte unsere Philosophie immer weitere Tiefen, bevor sie sich in jenem Jahr ganz auflöste und einen uns weltfremden objektiven Idealismus einführte. Bis zu Darks Moralischer Revolution 1747/48 hatten wir kein eigenständiges Denken. Weil wir Gravelaine, und nicht Higerado gefolgt sind.


Higerado dachte zu ontologisch, um sich vom wehleidigen existentialistischen Kleinkram beeindrucken zu lassen. Er dachte nicht in Flaschenhälsen, er dachte in Kosmogonien. Und so fängt seine Überlieferung der Geistesgeschichte mit Archar Aristarch aus Alienne an, dessen Lebensdaten zwar im Zweifel für den Zweifel sprechen, aber mir heute durchaus glaubwürdig erscheinen (wobei wir nicht den Fehler machen sollten, aus dem Kult des Zweifelns an historischen Quellen in das überkompensatorische Gegenteil des hinterfragfreien Glaubens zu geraten). Nun denn: Archar Aristarch (1272-1354), bei der Krönung Adelaids ein Jüngling, in den 1310-ern der erste Niederschreiber des Urmythos von Jason Walton May. Wie charakterisiert er May? Als einen Im-Grunde-Naturwissenschaftler.


May will die Natur des Todes erforschen und stellt fest, dass das Bewusstsein zwischen Leben und Tod (als Übergang verstanden) das Bleibende im Wechsel ist. Bei der Erforschung des Bewusstseins gerät May in die Hieihische Falle: je mehr wissenschaftliche Daten er zusammentragen und auswerten kann, umso mehr entgleitet ihm der Sinn der Frage, was das Bewusstsein ist. Am Ende versteht er die Frage nicht. Das ist die innere Vorarbeit zum Angriff auf den dunklen Tempel, dessen Mönchen er Geheimwissen über das Bewusstsein zu entreißen hofft (selbstredend in der Sprache der Wissenschaft). Der Rest ist Legende.


Higerado lebte und kämpfte (1614-1646) überwiegend in Actinien, war bei der Zerstörung, doch nicht Eroberung, in den drei Antiactinischen Kriegen (nur der Erste ist mit 3.2.1640 - 1.12.1641 genau datiert, die anderen halt 1642-1643 und 1644-1645) am Ort der Vernichtetwerdensollung nicht nur dabei. Er hielt alle Festungen, und unter seiner Führung bestand ein durchschnittliches Exhaustionsverhältnis von 16:1, das in der Finisterre erst ab 1799 erreicht wurde (im Krieg von 1780-1811). Ceresas historisches Vorbild war ebenfalls Politiker. Er vertrat in Actinien einen Zweckmanichäismus, ganz im Sinne des späten Figh.


Nicht müde wurde Higerado, darauf hinzuweisen, dass Walten Hush im Urmythos der kommende, noch zu erwartende unaussprechliche Weltuntergang ist. Keines existiert ein vollendeter Untergang wegs, und das wendet die Erzählung von der Vergangenheit, die sie erklären soll, in die Zukunft, in die sie weisen will: wir haben die natürliche Weltordnung nicht „zerstört, und wurden bestraft“, wir haben sie leichtsinnig herausgefordert, und müssen daraus lernen. 


Kein Wunder, dass den Hoflegalisten im 14. Jahrhundert eine solche Deutung auf den Sack ging. Sie wollten eine Rechtfertigung politischer Macht (und Unterdrückung), keine monumentale Ermutigung zu höchster geistig-moralischer Freiheit. (K)Ein Wunder, dass wir ihre Deutung im 15-16. Jahrhundert kritiklos übernahmen. Kein Wunder, weil überall wo geguckt, Krieg und Zerstörung walteten. Ein Wunder, weil wir uns von der unmittelbaren Situation zu sehr beeindrucken ließen, hatten wir doch die reichste, klügste und nüchternste wissenschaftliche Tradition.


N. T. van Anderten, 30.6.1914.



Gegen das Narrativ von Limnus (1288-1368) konnte sich die Darstellung von Aristarch (1272-1354) nicht durchsetzen, weil die Legende von Jason Walton May in der Sageweise von Linmus eine tiefere psychologische Resonanz hatte. Limnus griff übrigens die Behauptung des frühen Adelar (1292-1371) auf, Bodoncar hätte nie existiert, um Bodoncar noch legendärer zu machen (Fakten hätten das Narrativ nur gestört). Der späte Adelar vertrat eine negative Theologie und eine positive Kosmologie, die bis zum Existenzpositivismus reichte: so sprach er davon, dass Legenden Nacherzählungen wahrer Ereignisse, und keine bloßen Erdichtungen seien. Die Quellenforschung hat dies bestätigt: die Existenz von Bodoncar gilt als gesichert.

Eric Bernard, 23.7.1914


Der alte Aristarch (1272-1354)  traf 1351 in Dea Hic (1312-1360) und Hypothenus (1306-1385), wobei sie einen spazierakademischen Sommer im Stil von Kathetus (1276-1337) zelebrierten. Hic übertrieb es derart mit dem Positivismus, dass Aristarch erwiderte, die Könige sollten sich lieber die Dichtung von Linmus anhören als den nihilistischen Uratomismus, der alles Tiefere und Innere bewusst ausklammerte. Hic erwiderte wiederum, er meinte seine ganze Philosophie als Scherz, woraufhin Hypothenus ihn davor warnte, davon auszugehen, dass Nichtphilosophen fähig wären, seine Ironie zu verstehen.

Adelar (1292-1371) traf mit Limnus (1288-1368) und Aristarch im Herbst 1352 in Alienne zusammen, sie besprachen den mysteriösen Tod des Magiers Fixus (1309-1352) und mehrere Kosmologien. Adelar ließ apophatische Tendenzen in seinem Denken erkennen, Limnus scheiterte immer wieder daran, den Ursprung der Welt widerspruchsfrei zu erklären. Aristarch prophezeite: "Lasst es geschehen, dass die nächsten Generationen uns drei vergessen und aus ihren eigenen Erfahrungen lernen. Wir sollen nichts in Stein meißeln, jede Generation will die Welt für sich selbst erklären, und ob es richtig oder falsch ist, das haben nicht wir zu entscheiden".

Aus dem Kommentar von Karachinado Ceresa zum Gesamtwerk von Ariel Higerado.


Donnerstag, 27. November 2025

A. C. Figh (1587-1664)

 

 

 

Aufgrund seiner beispiellosen Radikalität noch bis vor kurzem für den Verfasser des Cliff-Resistance-Manifests von 1617 gehalten, was sich aber als untrue erwies: der Verfasser hieß mit dem Vornamen tatsächlichly Cliff, und zwar Arecast. Aber das verschärft noch weiter die Wahrnehmung der Radikalität von Figh: das essentialistische Resistance-Manifest wäre zu gemäßigt für einen solch verrückten Wahnsinnigen. Fest steht: der Mann war irre. Nicht unfester steht: er war lange der führende Denker in unserer Philosophiegeschichte, und zwar vor, während und nach Kjelde. 


Erst ab 1610 lassen sich depressionistisch-epigonale Stück- und Splitterwerke von Figh nachverfolgen, etwa „Lack of Depression“ als Vorwurf an die Mitwelt. Bizarre und zuweilen lustige gesellschafts- und religionskritische Kurzaufsätze sind aus den Jahren 1611 bis 1615 bekannt, wobei die lyrisch verfassten antinatalistischen Religionskritiken abgeschrieben und überliefert wurden (so geil waren die). Ob sich Figh erst in der Kriegszeit radikalisierte (er erlebte den Krieg von Anfang an als ausgewachsener Erwachsener, 1614-1646 ist eine Zeitspanne, deren Vorher und Nachher er ausführlich kannte), oder ob ihn die Kriegserkebnisse manichäisierten, wird undiskutierbar bleiben, doch den Gipfel des Wahnsinns erreichte sein Denken in den Jahren 1640 bis 1642.


Biographisches Zurückzulück: Conceqiahio lernte er im Sommer 1607 kenne, war vom Idealisten restlos begeistert und nach dessen Tod 1608 mit metaphysischen Fragen wieder alleingelassen. Er hinterließ in seinen späten Jahren die schriftlichen Erinnerungen an die Jahre 1609 und 1610, kalte und regenreiche Jahre übrigens, als an die durch grenzenlose metaphysische Trostlosigkeit prägende Zeit seines Lebens (1654). Doch er revidierte diese Einschätzung später und stellte fest, dass ihn eigentlich die Jahre von 1598 bis 1604 wirklich geprägt hatten, eine Zeit voller Hoffnung, ereignisreich und soteriologisch hochspannend. Er war die Biographie gewordene Diskrepanz zwischen Erwartung und Wirklichkeit.


Da die Kurvendiskussion seiner manichäistischen Verrenkungen noch 150 Jahre nach seinem Tod zum guten Ton gehörte (ohne freilich bei der Quellenanalyse genau zu sein), erübrigt sich eine inhaltliche Befassung mit der Beschäftigung mit diesem unfreiwilligen Giganten, ob philosophisch, psychologisch oder anderbreitig; er ist der Denker, zu dem nunwirklich alles gesagt wurde, ohne ihn beim Namen zu nennen.

Wolf Kress, 2.11.1913.


„Zeitgenosse der zweiten Hälfte des ersten Lhinn von Lxiour, sah Figh, wie Kjelde und später Gravelaine, eine Zeit des Verfalls. Jeder dieser drei interpretierte den Verfall anders: Figh als Untergang, Kjelde als Zerfall, Gravelaine als Schicksal. Was Gravelaine verschwieg, war die Einsicht, dass in der beobachteten Wellenbewegung ein Hoch genauso schicksalhaft bevorstand, was er in der Highice des zweiten Lhinn ab 1672 auch beobachten konnte. Er traute dieser Zeit nicht, und sah seinen Pessimismus durch den Crash im Januar 1679 bestätigt. Die Verwüstungen des Krieges führten zu einem unfreiwilligen Primat der Wirtschaft, und die Wirtschaftskrise sollte noch bis 1690 dauern“.

Eric Bernard, 3.11.1913.


„Ab 1659 verbesserte sich die Lebenseinstellung von Figh schlagartig, als wären die 50 Jahre davor nicht gewesen. Der Kulturrevolution von 1661 sah er mit amanichäischem Schrecken des Weisen entgegen, räumte aber seine eigene Schuld an der Entstehung dieser Bewegung ein. Den Nihilismus hatte er nicht im Sinn, verstand aber ohne plausibel zu deneien, dass Manichäismus nur zum Nihilismus und zum Willen zur Auslöschung führen kann. Er sah ein, dass letztlich nur das Etikett gewechselt wurde: das Streben nach dem Nichts aus moralischer Güte konnte dem Streben nach dem Nichts ohne jeden Grund kein Präservativum sein“.

Jaffa Rui, 4.11.1913.

Dienstag, 25. November 2025

Cliff Arecast (1584-1627)




„Später Oktober 1595, vor einer Kirche in Ceachelle. Kriegsveteran Frank Murphy mit einem verwaisten Jungen; der Junge belehrt Kirchgänger wie ein weiser Mann. Die Quellenlage ist inzwischen eindeutig: wir können diesen Jungen als Cliff Resistance, den Manifestverfasser von 1617 identifizieren. Er selbst unterschrieb ab 1607 als Cliff Arecast, war Spätherbst 1607 bis zu seinem Tod am 28.1.1627 Widerstandskämpfer, und davor Mönch“.

Diine Yiihhi, 1.11.1913.


„Um Philosophiegeschichte zu verstehen, brauchen wir Zeit, Lust und Eric Bernard. Und wir haben alle drei“.

Jaffa Rui, 2.11.1913.



Mit „Es ist böse, dass das Böse existiert“ wollte Arecast das Wahre gleich überspringen und weiter zum Guten schreiten. Auch die unreflektierte Existenzbehauptung ist durchaus ein leichter bis mäßiger Kategorienfehler. Er war seiner Zeit halt voraus.


Anders als die um ein Jahrhundert späteren Wortführer der moralischen Vernunft, sah Arecast kein Problem darin, wenn Güte mit Schwäche verwechselt wurde: da in unserer Kultur der Schwäche rücksichtsvoll, ja zärtlich begegnet wird, beleidigt diese kognitive Unfähigkeit nicht den Guten und verletzt nicht den Schwachen.


More: Die Essenz des Guten ist die Zartheit, und sie ist Schwäche (die edelste, reinste Form der Schwäche).


Doch back zum Bösen: Die Erkenntnis, dass Böses nur „Seelen“, qualiafähigen Bewusstseinen getan werden kann, und das Böse somit, wie auch das Gute, keine relationale, soziale oder sondermüllige Abstraktion ist, bildet den Kern des ontologischen Essentialismus.


Das Böse ist hässlich, es ist ein Übel. Die Bogenbridge vom Sein zum Schönen ist damit geschlagen, über das Wahre und Gute hinweg.


Ist der Startsatz des Resistance-Manifests wahr? Nein, er ist logisch falsch. Ist er gut? O nein, das hat ein Zuwörtlichnehmer an eigenem Geist erfahren. Ist er schön? Ja, im Sinne ontologischer Reinheit und phänomenologisch-qualiativer Weltanschauung.


Eric Bernard, 11.11.1913.

Samstag, 8. November 2025

Vinnie Henthien (*1880)




 Ihr erster philosophischer Aufsatz aus dem Jahr 1888, „Warum die Schneein ein Mädchen ist“, beeinflusste den Sprachkritiker Ilf Ill entscheidend. Sie kuschelte mit Kätzchen und Innie Hinn, schrieb, gähnte und schlief, wobei sie 1891 feststellte, dass die Schönheit eines Wesen sich besonders in der Ästhetik des Gähnens zeigt. 


Der Spitzname Vinnie entstand aus der Kombination ihres Elfennamens, ihres Feennamens und ihres Mädchennamens. Sie las ab 1892 jedes Buch von Hiite Ingret und Kiite Aurele, Klassiker wie Alien Dark fast jeden Abend vor dem Einschlafen. Eine der 116 im Kuscheltempel der Königin, lässt sie ihre elfische Reinheit, feeische Zartheit und mädchenische Unschuld mit 32 immer noch erstrahlen. Sie lebt die Schönheit des Denkens auf beispiellos beispielhafte Art.  


Hiite Ingret, nicht sie, starb, als sie am 1.9.1912 32 wurde. Seinen Tod als euthanatisches Hochfest des Weltenübergangs zu charakterisieren, wäre stark untertrieben. Er starb im Feenwald, in welchem mindestens 16 Feen Vinnie bekannt sind. Sie wurde im Sommer 1912 so feenverjüngt, dass sie noch viele Jahre elfisch-feeischer Miezifizienz vor sich hat. 


So viel Zärtlichkeit zur Einführung muss sein: der Artikel wird lang. Ich halte Vinnie Henthien für eine der Top 5 der heute denkenden Denkenden neben Aurele, Ninlinii, van Anderten und Bernard. Sie schreibt mit einer Leichtigkeit wie vorher nur Hienne Cassite, und zeigt durch ihren Lebenswandel, dass Selffs modulare Bestimmungen der kognitiven Funktionen nur ein Abstraktum sind, während im wahren Leben Denken, Fühlen, Sinnlichkeit und Intuition fließend ineinander übergehen. 


„Das mädchenische und das jüngliche Ich“ (1898) griff die Geschlechtsmetaphysik auf dem Niveau von Kiite Aurele auf und entwickelte sie weiter. Bis in tiefste ontologische Tiefen wird aus diesem Werk ersichtlich, was ein Mädchen und was ein Junge ist, und dass die biologische Geschlechtlichkeit die entropisch wertloseste Form derselben ist: materialisiert, festgefahren, äußert sie sich in der Organik, welche jedoch an sich nur ein mechanisch fortpflanzungsfähiges Es darstellt, und keine Geschlechtlichkeit im wahren Sinne. 


Der zärtliche Blick einer 19-jährigen Mieze auf eine andere Mieze ist Gegenstand ihres Werks „Zartheitliche und zärtlichkeitliche Miezifizienz“. Tiefe Dankbarkeit und unendliches Glück, wenn schöne Hände schöne Hände halten: Schönheit ist nicht bloß Quale, Schönheit ist Interquale. 


Die Gesetze der Interqualia mit dem spekulativen Endpunkt der Entwicklung des Bewusstseins ist Gegenstand ihrer nächsten drei Werke. 


Wie der legendäre Hedonikus, hinterfragt sie die großen Fragen. Eine Frage ist richtig gestellt, wenn sie auf das Wahre, das Gute oder das Schöne hinweist, aber nicht auf zwei oder alle davon zusammen. Dabei hat alles, was existiert, alle drei Aspekte in sich. Was davon fehlt, das fehlt an der Realität. Was nur wahr ist, ist ein Abstraktum, was wahr und gut ist, ist ein Sollenssatz, was nur gut ist, ist ein Wunsch… 


„Was ist der Ursprung des Universums?“ ist eine physikalisch interessante Frage, die Antwort ist aber notwendig eine Abstraktion. Die Frage muss erst so gestellt werden, dass sie auch das Gute und das Schöne mit einschließt, erst dann ist eine sinnvolle Antwort möglich. 


Wie Hiite Hieihi geht Henthien davon aus, dass je genauer eine Frage beantwortet werden kann, umso unvollständiger die Antwort ist. Das Wahre, Gute und Schöne bilden zumindest innerhalb der Sprache ihre eigene Unschärferelation. 


„Warum existiertdas Bewusstsein?“ ist eine Frage, deren Beantwortung beim Schönen beginnt und herunter zum Guten und Wahren emaniert.  


Die Schönheit manifestiert sich in der Zartheit (Fee) und Verspieltheit (Elfe). Die Archetypenkombination Elfe-Fee (1-1) ist die vollkommene manifeste Schönheit. Die 0-1 und 1-0 sind ihre notwendige Verbindung zum Absoluten, welches sich auch als Reinheitswesen (0-0) verkörpern kann.



Diine Yiihhi, 4.4.1913.

Donnerstag, 6. November 2025

Eric Bernard (*1877)

 

 


Die Geschichtsphilosophie ohne funktionalistische Vereinfachung blieb bis vor kurzem bloß intuitive Metaphorik bar wissenschaftlicher Systemansprüche. Dabei zeigten Aurele und Yiihhi die Übertragbarkeit von Ills Wahrheitsstufensystem auf Natur und Kultur; Ill selbst und Innie Hinn erforschen ganzheitliche Kommunikation, die ohne Spache auskommt, und Eric Bernard untersucht die weltgeschichtliche Wirkung dessen, was vor 150 bis 200 Jahren als abstrakter oder pseudokonkreter Weltgeist gedacht wurde.


Die Idee, dass nur die Mesowelt differenziert ist, während das Banale und das Göttliche einfach sind, ist so alt wie falsch. Ills Kritik zielte darauf, dass systematische Erkenntnisse unterhalb oder oberhalb der funktionalistischen Zone nur nicht mit den Mitteln funktionalistischer Sprache kommuniziert werden können. Aber sie können sowohl erfahren als auch gedacht werden. Eine Stufe unter dem Reich des Funktionalismus lässt sich dem banalistischen Reduktionismus entgegenwirken, indem die einzelnen Phänomene in ebendieser Qualität betrachtet werden, und nicht zu Symbolen herabgesetzt oder als logische Folge höherer Strukturen erklärt: das unmittelbar Reale ist kein Symbol des Symbolischen. Eine Stufe über dem Funktionalismus ist es falsch, logische und logistische Emergenzreduktion zu treiben, vielmehr geht es darum, offene Systeme als metafunktionalistisch zu verstehen.


Geschichtsphilosophie ist keine bloße Aufzählung der Fakten, keine intuitive Erzählung, aber auch kein Versuchslabor für Naturgesetze. Wenn Logik, Natur und Freiheit zusammenkommen, entsteht ein durchaus verstehbares System, der Weg zu dem durch logistischen Reduktionismus und narrative Voreingenommenheit versperrt wird. Das Höhere ist nicht unmittelbare Folge des Banaleren, aber auch keine unerklärliche Emanation des Absoluten. Das Zusammenspiel von Freiheiten, logischen Strukturen und psychologischen Prozessen ist weder beliebig noch schicksalhaft. 


Bernard geht nicht bloß über Moncur hinaus, er strebt eine Wissenschaft des Geistes an, die diesen als Subjekt und Objekt auf das natürliche Subjekt und das funktional Objektive bezieht. Ein und dasselbe Ereignis können im Anfängermodus separat und zutreffend auf mehreren Wahrheitsstufen beschrieben werden. Was Bernard anstrebt, ist eine die Wahrheitsstufen kombinierende komplexe Geschichtswissenschaft, die ihrem Gegenstand im selben Maße gerecht wird wie die Methode der zeitgenössischen Physiker deren Gegenstand: die Physik hat einen angemessenen Umgang mit ihrem Gegenstand gefunden und macht rasante Fortschritte. Bernards „Negentropische Geschichtsmetaphysik“ (1913) wird, wie es Aurele ausdrückte, die erste Wissenschaft der Geschichte sein, die diesen Namen verdient.



N. T. van Anderten, 6.3.1913.

 


Eric Bernard: Artikel im Ceachelle-Almanach

1899: Was erforscht Geschichtswissenschaft?  (Kjelde hat schon lange eine Antwort bereit: Geschichtswissenschaft forscht nicht, sie verwaltet das Nichts (1641). Kjeldes ontologischer Essentialismus war ahistorisch, Geschichtlichkeit war für ihn Lüge, und lenkte von wahren metaphysischen Problemen ab. 258 Jahre später gestalten wir nicht zuletzt basierend auf Kjeldes Essentialismus die Geschichte selbst und kämpften einen Krieg um den Planeten, der den gesamten Lebensraum der Menschheit kallokratisch überformt. Wir zerschlagen auf Land, See und Übersee die Herrschaft des geschäftigen Nährstandes und retten unsere Welt in eine ihr angemessene solare Ordnung. Die ereignisreiche Zeit aber, die es gedauert hat, vom Augenblick der geschichtsleugnenden Verzweiflung Kjeldes bis zu Rikis Siegeszug in unserer Zeit, ist eben nicht nichts, es ist eine historische Entwicklung, die weder determiniert noch durch Zufall oder Voluntarismus einfach passiert ist).

1900: Der Geist verhandelt nicht. (Alien Dark und J. J. J. Moncur arbeiteten in den 1750-ern eine zyklische Geschichtsschreibung heraus, in welcher die historischen Zyklen als Chancen oder Ressourcen der Handlungsfreiheit historischer Subjekte verstanden wurden. Das Zeitalter der Existenz (Sein gegen Nichts) begann mit der Gründung Lxiours als Dorcor des Westens 1556. Das Zeitalter des Wahren begann in der Finisterre und damit auch im ganzen Westen 1652, das Zeitalter des Guten 1748 und das Zeitalter des Schönen 1844. Darin ist die Möglichkeit negentropischen Fortschritts zu erkennen: Es geht nicht um die ständige Verbesserung der Technologie, vielmehr um die Entwicklung des Geistes als historisches Subjekt. Der Kairos wurde jedesmal vom historischen Subjekt der Finisterre am Schopfe gepackt, und wir erleben im Jahr 1900 das Entstehen einer kallokratischen Weltordnung).

1901: And One: Vitalismus ist ästhetisch, nicht nihilistisch. (Das Zeitalter des Guten ist im gerechten Krieg 1780-1811 zur Vollendung gekommen, das Zeitalter des Schönen wird durch den Vitalismus vorbereitet. And One ist nicht nur zuversichtlich, er sieht das Gute in der Geschichte des Westens durch die Finisterre verwirklicht).

1902: Entropische Geschichtsschreibung. (Wird ein historisches Subjekt isoliert betrachtet, ist die degenerativ-entropische Geschichtsschreibung unvermeidlich. Doch historische Subjekte nehmen neue Vitalität auf, entlassen degenerierte Anteile aus dem historischen Prozess und verändern ihre innere Struktur. Ein Individuum ist erst jung, dann alt, dann tot. Das als biographisches Gesetz aufzustellen, hätte ein nihilistisches Menschenbild zur Folge. Die innere, geistige Entwicklung ist entscheidend: das persönliche Wachstum, und schließlich der Bezug des Individuums zur Transzendenz. Weder ist ein Individuum oder ein historisches Subjekt von seiner Umwelt isoliert zu betrachten, noch von dem transzendenten Endzweck seiner Geschichte abzuschneiden).

Mittwoch, 5. November 2025

Ilf Ill (*1876)



Am 30.12.1876 in Arenkord geboren, brach dieser Verrückte mal 16 die Schule ab und wanderte 12 Jahre durch die Welt. Ohne Schulabschluss an der Universität von Reburt von der Leine gelassen, übt er seit 1908 logische, metalogische und alogische Sprachkritik.


Was der 51. Meister von Dorcor in Gleichnissen und Metaphern ausdrückte, brachte Ill in eine logische Systematik. 


Die erste Stufe der Wahrheit bilden logisch-technische bzw. logistische Zusammenhänge, die in mathematischen Formeln und im technischen Sprachgebrauch vollkommen mitteilbar sind. 


Die Alltagssprache ist die nullte, nicht die zweite Stufe: durchaus ist die soziale Funktion der Sprache mit der der Tierlaute zu vergleichen. Die zweite Stufe ist dagegen die Stufe komplexer wissenschaftlicher und theoretischer Zusammenhänge, die durch die reflektierte Kombination aus reflexivem und funktionalem Gebrauch der Sprache zustande kommt.


Die dritte Stufe der Wahrheit bildet das durch Sprache ausgedrückt werden könnende Nichtsprachliche: intuitive Erkenntnisse ganzheitlichen Denkens, die umschrieben, bildhaft oder metareflexiv formuliert werden können. Die Missverständnisgefahr ist immens, weil der Sprachgebrauch der niedrigeren Wahrheitsstufen nicht anders kann, als das Gesagte wörtlich zu nehmen und damit die höhere Wahrheit in verständliche Unwahrheit zu verwandeln.


Die vierte Stufe der Wahrheit ist nichtsprachlich und mit keinen sprachlichen Mitteln auszudrücken. Es ist die Stufe der Erleuchtung, des genialen Einfalls, der Ganzheitlichkeit, die die Grenze dualen Wahrnehmens mit einbezieht, und nicht bloß Gegensätze vereint oder Holons integriert.


Die fünfte und höchste Stufe der Wahrheit ist das Lhieh.



Kiite Aurele, 24.2.1913.

Ninlinii ordnete den Wahrheitsstufen zu:

0: Das Banale 

1: Das Funktionale 

2: Die Wissenschaft

3: Die Natur

4: Das Bewusstsein 

5: Das Absolute

Diine Yiihhi und Innie Hinn interpretieren die Einstufung von Ninlinii als mögliche Ebenen des Bewusstseins und des Seins. Was sind die Seinsstufen?

0: Materie als passive Substanz

1: Naturgesetz als logisch-automatische Funktion

2: Komplexe Seinsordnung als Einheit von Physik, Chemie und Biologie

3: Logisch-psychische Seinsordnung, die Welt als Ganzes 

4: Das Sein ist Bewusstsein (ontologische Singularität)

5: Die Ursache von Sein und Bewusstsein, theoretische Auflösung der Unhintergehbarkeit des Bewusstseins und der Nichtverursachbarkeit des Seins, jede theoretische und praktische Definition oder Beschreibung über diese Abstraktion hinaus sinnlos


Ararshratt Odnakorowdzhan (1876-1912)

 


Wuchs in Lapratka auf, dem zerstörtesten Teil des gerade zu Ende untergehenden Sinpustan. Kam 1892 nach Arenkord, und brachte dunkle Mystik mit. „Ich habe Angst um Gott, wie um ein Kind, das ich nicht beschützen kann“, schrieb er mit 20.  


Er strebte nach einer ontologischen Transzendentalversicherung, hielt „das Gerede vom Urvertrauen“ für infantil und sprach sich für den radikalen Kampf um die Bewahrung der Welt aus: „Ich bange um jeden Stein, um jeden Baum, und wenn ich einen Vogel sehe, bekomme ich einen Anfall von Ehrfurcht“. Was er von Eichhörnchen, Katzen und noch höheren Wesen hielt, konnte er nicht einmal in Worte fassen: „Dazu kann ich nur demütig schweigen“, schrieb er kurz vor seinem Tod. 


Er sah unsere negentopische Welt als ein Reich absoluter Selbstzwecke an, und litt am Horror der Entweihung. Er warnte vor dem Untergang der Welt im absoluten Nihilismus, hielt den tierischen Sexualtrieb für eine ernsthafte Gefahr, die wir nicht unterschätzen sollten, und die uns psychisch wie ein Wahn befallen könnte. Das wäre das Ende der Liebe und damit das Ende der Welt.




Hiite Ingret, 1839-1912 (Tagebuchauszüge):

25.8.1912. Vor fünf Tagen starb der Mystiker im Feenwald von Lileihi unter seinem Baum des Vertrauens. Halb so alt wie ich, doppelt so weise. Gott ist noch kindlicher als ein Kind, noch unschuldiger, und, nicht aber, allmächtiger als jeder abstrakte Allmachtbegriff. Das, nicht eine Radikalisierung von Gravelaines existenziellem Pessimismus, wird in seinem letzten Buch stehen. „Reinheit braucht keine ontologische Versicherung, sie ist allein sicher“, waren seine letzten Worte an mich in Finstern vor zwei Wochen.

26.8.1912. Auch meine Zeit, in den Feenwald zu gehen, scheint anzubrechen. Einer der letzten frühen Morgen, das ist zu erahnen. Ich bin fast 73, und es ist keine Gier, dass ich noch leben will, es ist die Treue zum Sein, das Gespür der ontologischen Harmonie. Dieses Leben ist einfach meine Tasse Tee, wie es Kjelde lakonisch gesagt hätte, der trotz Pessimismus am Leben hing. In der Welt, in der ich gelebt habe, bedeutet Realismus etwas Besseres als selbst Optimismus; Kjelde sprach von möglichen Welten, in denen der Realist den Pessimisten noch für einen Optimisten gehalten hätte.

27.8.1912. Sie nennen es jetzt schon den „Schwarzen Montag“, HFX auf 39961 Punkte runter, und ich weiß nicht, und mir ist auch egal, wieviel ich verloren habe. Ich gehe mit gutem Gefühl auf meine letzte Reise, und wollte eigentlich im Krieg fallen oder beim Bergsteigen abstürzen. Ich hatte wohl zu viele Vorurteile, was den Alterstod angeht. Ich fühle mich wie kurz vor einer Neugeburt.

Freitag, 17. Oktober 2025

Innie Hinn (*1875)

 



Was für eine Maus! Ultrazierliche Mieze, meine beste Doktorandin. Geboren am 9.9.1875 in Lxiour, kuschelverzärtelt von jeder Königin von Lesbia bis sie das kuschelige Miezenalter mit 28 hinter sich ließ. Von da an wurde sie selbst eine Art Königin: ihre Miezen- und Mädchenschule im Paradiesium, das seit 1910 Lile heißt, ist ein Ort der Zartheit und des Kuschelns. 


Ihre Werke zur Miezifizienz, Kätzchenität und Kuschelphilosophie sind unkopierbare Originale, sie philosophiert, indem sie atmet, allein schon durch die Zartheit ihrer Stimme. Mit 28 fing sie als Doktorandin bei mir an und ich verknallte mich in sie wie in ein Mädchen. Ehrlich gesagt, halte ich sie noch für ein Mädchen, so wie sie sich selbst auch. 


Die Titel ihrer wundervollen Werke sprechen für sich:


1907 (Dissertation): Das Mädchenische Kuscheln: Warum Zartheit die stärkste Naturkraft ist.


1908: Die Maus: Das höchste Superlativum der Femininität.


1909: Die Innigkeit des Kuschelns: In Mädchen verknallte Miezen.


1910: Die Niedlichkeit der Kätzchen: Phänomenologie des mädchenischen „Hwieh süüüß!“ (Dieser zärtlichste aller emotionalen Aufschreie wird aufs Grund… Jedenfalls habe ich das Buch schon 31 Mal gelesen).


1911: Die Ini:e Lhius: Was die Miezifizienz deines Verknalltheitsmädchens über die Art deiner Herzenszärtlichkeit sagt.


1912: Was auch immer sie schreibt, ich werde es herausgeben, denn sie hat ihre Qualität als Denkerin (und Fühlerin!) längst bewiesen.


Wolf Kress, im (hoffentlich noch nicht Sterbe-)Bett, 21.7.1912.

Diine Yiihhi (*1874)

 Diine Yiihhi promovierte bei mir als Rechtsphilosoph (1906), aber trank dann zu viel Bier, Wein, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese, Eiswein, Portwein, Whisky und so weiter. In den Jahren zwischen seinem Schulabschluss (1895, mit 21, was für ein fauler Sack!) und dem Beginn seiner Studiums (1899) kämpfte er hier und dort als Soldat unter dem Oberkommando von General Riki. Er schob meistens eine ruhige Kugel, machte Pause und erholte sich. 


Er war ein schlechter Student, und ich nahm ihn als Doktoranden an, weil er mir vier alte Whiskyflaschen versprach, die er mir noch schuldig ist. Er schrieb eine leider geile Dissertation, ich musste ihm die Bestnote geben. Aber so faul wie dieser Idiot ist, hätte er gar keine Zulassung verdient. Vielleicht beneide ich auch nur sein Naturtalent: von Natur, seiner Wolfsnatur, hat er auf gar nichts Bock, aber sobald er etwas ernsthaft anfängt, wird er schnell der Beste. Bei Aurele hat es zu viel geschneit, darum lasse ich den außen vor, aber ansonsten sind die drei klügsten Köpfe des Landes derzeit Ninlinii, van Anderten und dieser Vollhorst.


Als eigenständiger Denker hat er bisher nicht viel erreicht, aber er nimmt alles, was mit Qualia und Phänomenologie zu tun hat, schneller auf als mein Körper Whisky. Er trägt auf dem 18. Ceachelium für den im Krieg gefallenen Vic Nelien vor, oder er ist schon besoffen, und das macht Jaffa Rui für ihn. Ich wäre gern dabei, kann aber kaum liegen, das Alter macht sich bemerkbar, oder ich habe es fast so viel schneien lassen wie Aurele, ohne mich seiner Gesundheit zu erfreuen.


Als alter kranker Mann wünsche ich Diine viel Gesundheit und einen ordentlichen Lehrstuhl: die Venger werden in diesem Herbst Vienne einnehmen, sechster Krieg seit 1848, das muss endlich reichen, das war vielleicht ab dem 4.10.1664 bis höchstens 1880 ein Großreich, wenn man die Dekadenz, die eine Kultur sich verdienen muss, dazurechnet, aber seitdem tanzen sie dem Weltgeist auf der Nase herum und verlassen sich auf Entsatztruppen aus Preteria und Volcon (die Kerier haben es übrigens in diesem Frühjahr eingenommen und werden es wohl behalten).


Diine, das Institut in Vienne ist so dekadent, das wäre genau das richtige für dich: zwei Stunden die Woche arbeiten, das volle Gehalt kassieren, und, wie du schon dein ganzes Leben lang machst: eine ruhige Kugel schieben. 




Wolff Kress, früh morgens am 21.7.1912, und schon besoffen.

18-24.7.1912. Cc18: Achsen der Qualiaemergenz (Ninlinii)

18.7.


Diine Yiihhi: Ontopoietisches Wunschdenken (Inwiefern gilt das Spannungsverhältnis von Freiheit und Beliebigkeit in der Vorstellung vom Weltganzen? Wird die Weltenordnung entdeckt oder postuliert? Was ist der Ursprung des Wollens respektive des Sollens? Kann ich wollen müssen, was sein soll, oder soll sein, was ich will?)

Hiite Ingret: Die ontoexistenzielle Leere der horizontalen Achsen (Die wertenden ontologischen Achsen sind horizontale Achsen: sie schaffen weder sinnlich-empirisch noch intuitiv-ganzheitlich Erkenntnisse. Sie bewerten nur das Vorhandene und sind daher lebensweltlich in der Moralität und der Politik zu verorten. Bloßes Denken, ob systemisch oder analytisch, schadet sogar der Wissenschaft, so wie Mitgefühl und Empathie die Moralität zerstören, wenn das Denken und Fühlen nicht auf Sinnlichkeit gründet und von der Intuition geführt wird).

19.7.

Wolf Irr: Welt- und Selbstachsen (Die Weltenachse wird durch Intuition erkannt und durch Sinnlichkeit überprüft: weder logisch noch moralisch müssen höhere oder niedrigere Welten existieren, und die realen Existenzbedingungen in den verschiedenen Welten werden nicht materiell oder sozial verglichen. Der Schamane erkennt die anderen Welten und reist seelisch dorthin, wo er unmittelbar sinnlich die Existenzbedingungen erfährt. Es gibt fernerhin vertikale und horizontale Welt- und Selbstachsen, und die kognitiven Bestimmungen der Tiefenpsychologie wiederholen die ontologische Achsenordnung).

Kiite Aurele: Nicht anders wollen können (In der vortrefflichen introvertierten Intuition fallen Ontologie und Ästhetik zusammen: der reine Wille des höheren Menschen kann entweder eine Welt des Schönen oder das Nichts wollen. Je höher das qualitative Bewusstsein, umso fester die Einheit zwischen Ontologie und Ästhetik; aus diesem Zusammenhang ergibt sich, dass die willensbasierten Vorstellungen der Welt des Schönen nicht beliebig sein können. Das Wollen des Schönen hängt vom ontischen Wert der Person ab; das, was als schön empfunden wird, ist umso näher dem wahren Schönen, je höher der Wert der empfindenden Person ist).

20.7.

Vic Nelien (vorgetragen von Jaffa Rui): Ontologischer Pessimismus (Kjelde und Gravelaine waren ontoexistenzielle Skeptiker, weil sie den rationalen Beweis und die absolute moralische Notwendigkeit der besten aller denkbaren Welten wollten. Sie betraten nie die vertikale Achse der Intuition und Sinnlichkeit und fällten moralische, existenzielle und ontologische Urteile auf der horizontalen Achse des Denkens und Fühlens. Selbst die beste denkbare Welt unmittelbar erlebend, hätten sie sie nicht für eine solche halten können, weil der Beweis fehlte. Es ist, wie vor einem schönen Mädchen zu stehen und zu verzweifeln, weil ihre Schönheit nicht wissenschaftlich bewiesen werden kann; es ist, wie ihre Liebe zu fühlen, und sie nicht zu glauben, weil die Begründung fehlt).

N. T. van Anderten: Erkenntnis und Beweispflicht (Was ist erkannt, und was bloß postuliert? Was ist intuiert, und was bloß ausgedacht? Kann intuitive Erkenntnis logisch bewiesen werden? Braucht Ästhetik moralische Rechtfertigung? Wenn wissenschaftliche Methoden verabsolutiert werden bzw. Methoden von Erkenntnisbereichen verlangt, die für exakte Wissenschaften gelten, aber in diesen Bereichen irrelevant sind, entsteht die Illusion der Unerkennbarkeit in allen existenziell wichtigen Fragen. Dabei wird das Leben als Totes betrachtet und der Geist als Materie. Schon Kathetus sprach vor Jahrhunderten von vermeintlichem Wissen, und Hypothenus stellte den Satz vom zu vermeidenden Scheinwissen auf. Dass wir diese alten Denker, deren echte Namen nicht überliefert sind, halbhumoristisch benennen, schmälert nicht den Wert ihrer Erkenntnisse, worin auch Reduktionisten sofort zustimmen. Aber warum karikieren sie dann philosophische Positionen, um sie mit dem einzigen für sie gültigen Argument, „Das ist nicht wissenschaftlich!“, zu widerlegen?)

21.7.

H. F. Ninlinii: Achsen der Qualiaemergenz (Erkennen bedarf keiner Qualia und ist beweispflichtig. Erfahren setzt ein Minimum an Qualia voraus und muss mitteilbar sein. Erleben bedeutet Qualia und hat keinen Beweis nötig. Was ich erkannt habe, muss ich beweisen können; was ich erfahren habe, muss für mich und andere Sinn ergeben; was ich erlebt habe, ist wahr und hängt nicht davon ab, ob andere es verstehen oder überhaupt für real halten. Qualia emergieren in der Spannweite der Achse Intuition-Sinnlichkeit. Für nachprüfbare Erkenntnisse kann diese Spannweite auch Null betragen. Erfahren bedeutet Sinn intuitiv und Sinnlichkeit sinnlich. Erleben bedeutet eine derartige Amplitude auf der vertikalen Achse, dass die Intensität sich selbst der Realitätsnachweis ist. Qualia weisen also eine vertikale Amplitude auf, eine emergente Intensität. Das kleinste mögliche Quale ist ein unbeweisbarer Rest in einer Erkenntnis, der nur durch eigene Erfahrung des qualitativen Bewusstseins offenbart wird. Das größte mögliche Quale ist Gegenstand der Mystik und wird hier nicht thematisiert).


Ceachelien

28.11. - 4.12.1769. 1. Ceachelium: „Nihilismuskonferenz“ (Coona).

20-25.5.1779. Cc2: Ontologische Trias (Dark).

14-18.10.1785. Cc3: Weltenportale (Ane).

8-16.8.1795. Cc4: Weltenachse (Loken).

14-18.8.1802. Cc5: Ontomoralischer Sinn existenzieller Ungewissheit (Crouch).

17-22.12.1811. Cc6: Dienst und Dünkel (And One).

30.9. - 4.10.1821. Cc7: Funktionsontologie der Freiheit (Drenthe).

30.4. - 4.5.1831. Cc8: Liebe und Gerechtigkeit funktionsontologisch (Frightfear).

24-28.11.1839. Cc9: Tiefenpsychologische Zyklenhistoriographie (Bumm).

2-8.11.1847. Cc10: Religionshistoriologie (Lawrie).

4-8.8.1856. Cc11: Funktionelle Tiefenpsychologie (Selff).

16-20.12.1866. Cc12: Lebensphilosophische Wertetheorie (Aniaine).

23-29.8.1874. Cc13: Tiefenpsychologische Systematik der Ontologischen Trias (Ingret).

25.5. - 1.6.1881. Cc14: Lebensphilosophische Systematik der Ontologischen Trias (Ingret).

29.12.1887. - 3.1.1888. Cc15: „Zweite Nihilismuskonferenz“ (Ingret/Aurele).

16-22.12.1899. Cc16: Ontologische Empirie und narrative Ordnung (Aurele).

3-6.1.1906. Cc17: Kategorienlehre der Ontologischen Trias (Aurele).

18-24.7.1912. Cc18: Achsen der Qualiaemergenz (Ninlinii).


N. T. van Anderten (*1873)




Nick, du bist Wissenschaftler! Du versuchst und probierst. Nick, du bist Offizier. Du tötest und stirbst. 


Nick, du glaubst kein Wort: du forschst, zweifelst und prüfst. Nick, du bleibst an keinem Ort: nie Langeweile du übst.


Kurz: Nick Thieh van Anderten wurde in Zaandem geboren und kam als Achtjähriger mit seiner Familie nach Irigayenne. Er schloss die Schule mit „Perfekt und weit darüber hinaus“ ab und studierte in Ceachelle bei Hiite Ingret. Mit Kiite Aurele und mir unternahm er Seefahrten und beteiligte sich ab 1899 an diversen Kriegen. Vor drei Wochen führte er unsere Truppen am Südmeer zum Sieg. Seit einer Woche erholt er sich in Houdaillebergen.


Noch keine 40, ist sein Beitrag in Physik, Astronomie, Chemie und Kriegskunst beachtlich. Er sieht sich selbst als Naturphilosoph in der Tradition von Kathetus, Hypothenus und Hedonikus. 


Wir blieben heute beim Port Eleine und leerten zuneunt (auch Kameraden von der Front neben akademischen Philosophen dabei) folgende Flaschen: Port Eleine 36 (destilliert 1867), PE van Vernichten (24 Jahre, Jahrgang 1888), PE Quinstinthine (21 Jahre, Jahrgang 1891), und dazu noch Portwein und Bier.


Das große Projekt von Ninlinii, die Natur der Natur zu erforschen, ist in seiner Prinzipialität genau das Ding von N. T. van Anderten, der im September des noch atmenden Jahres den Lehrsessel für Naturphilosophie in Arenkord übernehmen wird.





Jaffa Rui, betrunken und am späten 24.4.1912

Jaffa Rui (*1872)



In die Finisterre eingewanderter Sohn von Actinien-Einwanderern, welche Gewisse-Pflanze-Bauern waren. Besuchte die Akademie von Ceachelle, trank Bier, Portwein, Whisky und Rum. Und, natürlich…


Doch sein Lieblingsstimulans ist konservativerweise Kaffee, dessen Zubereitung er zur Perfektion entwickelte, wonach er 1899 das selbstnamige Kaffeehaus in Ceachelle eröffnete.


Er entdeckte vorkjeldische Schriften eines gewissen Hedonikus, dessen Gedanken er weiterentwickelte. Er sah sich selbst als aufgeklärter Hedonist und rehabilitierte den in Verruf geratenen Xetter.


Rui zufolge gibt es die banale, erotische und transzendente Lust. Die banale Lust ist an Bedürfnissen enggeführt, die erotische fängt bei Machtlust an, geht durch die Erotik selbst hindurch und endet im liesbialen Wukroud. Die transzendente Lust wurde von Hinterstocklern des 18. Jahrhunderts als Geilfinden ohne Grund bzw. interesseloses Wohlgefallen definiert. Quatsch, sagt Rui: das Bewusstsein ist immer intentional und hat daher immer ein Interesse.


Die Idee zu einer Steinkugel als ästhetische Darstellung der Ruhigen Kugel (die in diesem Herbst als jährliches Philosophie-Symposium beginnt) stammt von drei Geister gleicher Höhe: dem schon zu Lebzeiten, die zum Glück noch andauern, legendären General Riki, der uns bereits 1896-1907 regierte, dem derzeitigen Regierungschef Langole und Jaffa Rui, in dessen Kaffehaus ich mir gerade einen 40-jährigen Arecast gönne.


N. T. van Anderten, 13.4.1912.
 

Herausgegeben von Jaffa Rui, 1910:

Hedonikus: Gesammelte Fragmente

Das nur fragmentarisch erhaltene Gesamtwerk des antiken Philosophen enthält neben den berühmten Abhandlungen über das Etwas und über die Kugel auch interessante epistemologische Einsichten. Der niemandsländische Denker, der weder zu den Griechen noch zu den Römern eindeutig zu zählen ist, unterscheidet in der Wissenschaft objektive und subjektive Fragen. Objektive Fragen sind die Was- und Wie-Fragen, Fragen nach der Substanz und der Funktion. Subjektive Fragen sind die Warum- und Wozu-Fragen, Fragen nach Intentionalität und Zweck.

Was ist die Welt, fragt Hedonikus. Sie ist eine Mannigfaltigkeit aus Atomen, aus denen alles besteht, und die sich mit der Zeit zu immer komplexeren Formen zusammentun. Für die komplexeste Form hält er das menschliche Gehirn. Wie ist die Welt entstanden? Da vertritt Hedonikus die Steady-State-Theorie. Auf objektive Fragen gibt es sinnvolle Antworten, auf subjektive Fragen nicht. Denn Antworten auf objektive Fragen sind entweder richtig oder falsch, Antworten auf subjektive Fragen sind relativ und willkürlich.

Warum ist die Welt und nicht die Leere? Das muss jeder für sich selbst entscheiden, so Hedonikus. Philosophen, zu denen damals auch Physiker zählten, können lediglich erklären, wie aus der Leere eine Welt und aus der Welt wieder die Leere entsteht. Wozu gibt es die Welt? Diese Frage ist für Hedonikus sogar subjektiv sinnlos. Denn darauf hat nicht nur jeder eine andere Antwort, sondern die subjektive Antwort ändert sich auch mit den Lebenszeiten.
Fragment über das Etwas:

1. Bevor Etwer ar, bevor Etwa sa, Etwas as. Etwas nicht konnte immer früher sein, denn irgendetwo Ende war. Ende war, wo nicht Etwas as, aber Nichts nacht.

2. Nichts nacht, und nacht um Nichts, das eben ums ebene Nichts nacht. Da nur Nichts nacht und kein Etwas as, konnte kein Etwas sein.

3. Da Etwas ist, und Nichts nacht, muss aus Nichts Etwas geworden sein, was unmöglich. Nichts nicht nichtet - beim Oon! Also war, was nicht as, nicht nacht, nicht Etwas, nicht Nichts, und das war Können.

4. Können konnte Nichts nichten und nichtnichten; Nichts nacht, und konnte sein, nicht nacht.

...

9. Nichts nacht, konnte nichten und vernichtet sein, oder Etwas werden, womit als Nichts vernichtet sein. Nichts konnte so ins Nichts und ins Etwas vernichtet sein, und war, wo mehr war.

10. Wo Nichts nacht, nun Etwas as. Etwas war nicht Etwer nicht Etwa, in welchem Sinne Nichts, und es nacht, und da es nicht Nichts, so nacht es sich.

11. All Etwas, das sich vernacht, ist nicht Etwas, was ist. All Etwas, was ist, nicht vernacht.

12. Etwas konnte wedernochsein und so oder so sein, und war, was mehr war.

13. Etwas wurde Etwer und Etwa und erhielt sich und etwas blieb als Etwas zurück.

...

16. Mehr Etwas as, weniger Nichts nacht, bis der Welt wurde Rand; im Vorrand Etwas ist, im Hinterrand Nichts nichtet.

17. Und so sei gewusst und überschwiegen, kein Nichts in der Welt. Und sei ungewusst und übersprochen, kein Etwas außer der Welt.


Fragment über die Kugel:

1. Götter, die sind, sind die besten unter den Göttern, oder sie wären nicht.

2. Götter, die bessere Götter vor sich sähen, sterbten im Kampfe, bis die besten Götter geblieben, die keine besseren Götter sähen.

3. Die besten Götter erhalten die Welt bestmöglich.

4. Die bestmöglich erhalten werden könnende Welt ist die bestmögliche Welt.

5. Wäre eine Welt, die eine bessere Welt vor sich sähe, wäre sie von den Göttern zerstört und durch eine bessere Welt ersetzt worden, bis sie keine bessere Welt vor sich sähe.

6. Die beste Form ist die Kugel, also ist die beste Welt eine Kugel.

...

11. Da die Welt eine Kugel ist, ist das Unten endlich, und das Oben unendlich.

12. Das Unten strebt zum Mittelpunkt der Kugel, welcher die Mitte der Welt ist. Von der Mitte aus gibt es nur ein Oben und kein Unten.

13. Das Oben strebt ins Unendliche, und es gibt keinen Punkt, von dem aus es nur ein Unten und kein Oben gibt.

...

17. Bewegung ist ein Streben zur Mitte.

18. Widerbewegung ist ein Streben zu einem beliebigen Punkt der Welt.

19. Unbeseelte Körper können Widerbewegung nicht urheben, beseelte Körper können Widerbewegung  urheben.

20. Hebt ein beseelter Körper Widerbewegung ur, kann ein unbeseelter Körper sich widerbewegen, bis Bewegung und Widerbewegung sich gleich werden.

...

24. Das Größte und das Kleinste ist das Äußerste und Kugel.

25. Das Innerste, das weder das Größte noch das Kleinste ist, ist nicht Kugel. Wenn Kugel, dann aus Zufall.


26. Das Unendliche und das Nichte ist Kugel.



Weitere mehrzehn Fragmente im Buch mit Kommentar des Herausgebers.
 


Houdaillebergen, 24.4.1912
 
Anwesend: Jaffa Rui (Referent), Hiite Ingret, Kiite Aurele, N. T. van Anderten, Vincent Langole, Diine Yiihhi.



Wer war Hedonikus? Sein Sein war lange umstritten, doch er war. 

Hedonikus wurde 1453 in Reburt-Feiglingszarten geboren (damals Bergfestung Feiglingszarten). Er beschütze als Kind und Jugendlicher die niedlichsten und zartesten Ängstlinge (heute nennen wir sie Cuties). Er hatte eine Kuschelkindheit und eine miezenkuschelitäre Jugend. Er wuchs seiner Natur gemäß auf.

Im Colochmetischen Krieg (1461-1494), der auf den Tod des Vengerkönigs Keren IX folgte, wurde Reburt größtenteils zerstört und Feiglingszarten belagert. Die unübersichtlichen Verhältnisse verschleiern seinen Offizierswerdegang, aber er schlug mit den Keriern zusammen 1494 die Serpedier in der entscheidenden Schlacht von Sfagota. 

Hedonikus nahm diesen Denkernamen mit 31 an, er schrieb von 1484 bis 1516, dem Jahr, in dem er an Altersleichtschwäche starb.


Fragmentarisch blieben Werke von ihm in Liine und Sfagota übrig. Im 16. Jahrhundert wurde die Region durch das Vengrische Imperium befriedet. Reburt hatte um 1450 fast 100000 Einwohner, um 1500 nur noch 10000 oder weniger, doch als vengrische Hauptstadt ab 1558 schon um 1600 wieder 100000 oder mehr. Durch die Kriegswirren wurde Hedonikus zur Legende, und seine angeblichen Lebzeiten ins 13. Jahrhundert verlegt, wovon noch Kjelde und später Krizhenaidzhan ausgingen. 


Ich habe mich seit 1887 mit dem Lebenswerk von Hedonikus beschäftigt und seine Historizität so klar wie dieser 36-jährige Port Eleine feststellen können. Stoßen wir mit diesem Whisky auf einen echten Colochmeten an!