Freitag, 31. Juli 2020

Empathie und Verlogenheit im Kulturkampf





Im Kulturkampf um Begriffe wie N-Wort-Kuss oder M-Ohrenstraße beanspruchen die Befürworter der Sprechverbote und politisch korrekten Umbenennungen Empathie für sich. Dass lässt sie moralisch überlegen aussehen und sie fühlen sich als bessere Menschen. Aber Empathie hat ihren Preis. Echte Empathie lässt sich beim genauen Hinsehen von vorgetäuschter (gelogener) oder sich selbst fälschlich zugeschriebener (verlogener) Empathie unterscheiden.

Empathie trifft dich hart, du leidest mit. Empathie ist nicht selektiv, sie macht keine Unterschiede zwischen Schwarz und Weiß, Mann und Frau, Konservativ und Liberal, Reich oder Arm. Schadenfreude darüber, dass auch reiche Menschen sehr unglücklich sein können, lässt sich mit echter Empathie nicht vereinbaren. Mitgefühl mit alleinerziehenden Müttern und „I bathe in male tears“-Einstellung gegenüber Scheidungsvätern hat nichts mit wahrer Empathie zu tun.

Wahre Empathie ist lösungsorientiert, weil es nicht darum geht, sich durch das Mitfühlen gut zu fühlen. Der wirklich Empathische will wirklich helfen. Gutmenschen-Empathie will sich gut anhören und gut anfühlen. Verlogene Empathie empört sich, wahre Empathie sucht still nach Lösungen. Der politisch korrekte Gutmensch, der bestimmte Gruppen pauschal verteufelt und anderen Gruppen einen Heiligenschein ausstellt, hat keine Empathie. So handelt vielmehr ein Soziopath.

Im Kulturkampf um Begriffe wie N-Wort-Kuss oder M-Ohrenstraße beanspruchen die Gegner der Sprechverbote und politisch korrekten Umbenennungen das Recht auf ihre alten Gewohnheiten. Dass manche dieser Sprechgewohnheiten diskriminierend und verletzend sind, scheint sie nicht zu interessieren. Sie hören einfach nicht zu. Sind sie deswegen einfach nur schlechte Menschen. Eine Gegenfrage: Aber hört man denn ihnen zu?

Jemand, der den CSD prinzipiell unterstützt, und sagt: „Ich finde gut, dass Homosexuelle für ihre Rechte demonstrieren, aber müssen sie denn in Lack und Leder marschieren, müssen sie in der Öffentlichkeit sexuelle Praktiken zeigen, müssen meine Kinder das sehen?“, gilt im politisch korrekten Mainstream als Gegner im Kampf gegen Rechts. Ansatt eines „herrschaftsfreien Diskurses“ gibt es die linksliberale Deutungshoheit über alle kulturellen und gesellschaftlichen Fragen. Wer mit seiner Meinung dagegen verstößt, wird in seiner Ehre verletzt und in seiner Würde gekränkt, gilt sozial als Mensch zweiter Klasse und moralisch als minderwertig. Die Ausgrenzung und Diffamierung von Andersdenkenden und der moralische Furor, der mit echter Moralität nichts zu tun hat, haben ein Klima des Gleichgültigkeit und des Fuckyouismus geschaffen.

Jeder Schritt des Konservativen auf den linksliberalen Mainstream zu verpufft in der totalitären Forderung: Entweder du stimmst unserer Doktrin voll und ganz zu oder du bist rechts und damit ein Nazi. Dass viele Konservative (und sogar Zentristen) als Gegenreaktion tatsächlich nach Rechts rücken, ist die logische Konsequenz. Im letzten Jahrzehnt ist dementsprechend ein rechter Mainstream entstanden, der ebenfalls alles verdammt, was mit seiner Doktrin nicht voll übereinstimmt. Die Lehre ist: Einseitigkeit funktioniert nicht, weder in der Liebe noch in der Freundschaft noch in der Politik. Wer einen Neutralen oder gar Sympathisanten zu einseitigen Zugeständnissen zwingen will, befördert eine negative Gegenseitigkeit, nämlich Feindschaft.