Dienstag, 20. April 2021

PS V: Rechts

 



Dem Kaiser, was des Kaisers ist. Dem Gott, was Gottes ist. Jedem das Seine. Die Welt ist ein Kompromiss zwischen Geist und Fleisch, Gottes Gnade und unser Relegationsspiel. Das ursprüngliche Paradies ist eine Parabel für Nichtexistenz; in Existenz getreten, wird das Bewusstsein seiner selbst bewusst, und das Bewusstsein des Bewusstseins ist das Selbstbewusstsein. Dessen Selbstreflexion ist die Vernunft.

Die Monarchie, das Kaiserreich, das sind Kompromisse. Wir dürfen uns bewähren, und dafür muss der Katechon (der Imperator als Aufhalter des Weltgerichts) uns bewahren. Gott schickt uns Prüfungen: Naturkatastrophen, Pandemien, Barbaren. Die schwerste Prüfung ist die Sterblichkeit mit unbekanntem Zeitpunkt ihrer Realisierung. Als Hilfe und Trost sind Staat, Gesellschaft und Familie für uns da.

Doch auch der letzte Kaiser muss abdanken, das letzte Reich muss fallen, nichts Endliches währt ewig. Ewig dreht sich nur das Rad der Wiedergeburten. Und hier müssen wir den finalen Rechtsruck vollziehen, vom zoroastrisch-abrahamitischen Gottvater zum dharmischem Weltgesetz. Das Linkste des äußersten Rechts ist der Konfuzianismus: tun wir bloß alles, um Staat, Gesellschaft und Familie zu bewahren, denn ansonsten kommt der (Lebens-)Weltuntergang. Da lacht Laotse: Nein, lass! Lass den Dingen seinen Lauf und füge dich in deinen.

Das hinduistische Kastensystem ist nicht als Mittel der Unterdrückung, sondern als Mechanismus der Erlösung gedacht (Moksha, buddistisch Nirwana). Der Buddhismus nimmt ihm wie der Taoismus dem Konfuzianismus die sozialen Krücken weg und lässt das Individuum sein eigenes Schicksal schmieden. Buddhismus und Taoismus sind nicht zentristisch-, sondern rechts-libertär.

Doch welches politische System entspricht einem zum Gott, zur Transzendenz, zum Tao orientierten Leben? Jedes und keins. Das radikale Subjekt, das für sein eigenes Schicksal vollkommen selbst verantwortliche Individuum muss in jeder Gesellschaft zu jeder Zeit seinen Weg finden. Da jeder zunächst einmal Kind seiner Zeit ist, muss der vortreffliche Mensch eben erwachsen werden. Die Mediokrität wird Kind bleiben, sich unter die Schürze des Man, des Zeitgeistes, der sozialen und politischen Zwänge verkriechen, der Vortreffliche wird das ewige Schöne, Gute und Wahre suchen.

Die linke Asymptote ist das Nichts, die rechte Asymptote ist Gott (im abstraktesten Sinn); das äußerste Rechts ist kein politisches System, keine Gesellschafts- oder Weltordnung, es ist die über all dies erhabene vortreffliche Person. Der Übermensch.