Der Konservator will konservieren; ist der Vitalwert einer Kultur 10, so will er diesen bewahren, ist er 1 (Kultur = Natur), will er auch diesen bewahren. Den Vitalwert von 0,8 will er als gute alte Dekadenz gegen die Ultradekadenz schützen. Alles nicht so einfach.
Der Konservator ist ein Opportunist. Erst tut er sich, gegen das Bürgertum fightend, auf die Seite der feudalen Monarchie. Später verteidigt er das Bürgertum gegen die Arbeiterklasse. Er kämpft für Gott und Kirche gegen den Atheismus, und später für den (bürgerlichen) Atheismus gegen den (proletarischen) Nihilismus. Er will den Untergang nicht verhindern, er will ihn nur aufhalten.
Doch die Grundeinstellung, dass der soziale Fortschritt ein moralischer Rückschritt ist, macht den Konservatismus rechts. Je weniger soziale Gerechtigkeit, umso gesünder, vitaler die Gesellschaft, weiß der Konservator. Denn entweder ist eine Gesellschaft sozial (links) oder sie ist gerecht (rechts).
Liberalismus ist besser als Sozialismus, Ständegesellschaft ist besser als Liberalismus. Und da ist das eigentliche Ziel konservativer Romantik: das gute alte dunkle Zeitalter, das Mittelalter. Ja, für die Aufklärung war das kulturell und durchaus auch ökonomisch ansehnliche Hochmittelalter eine dunkle Zeit, wie für die linksliberalen Nachfolger des Aufklärichts die Zeit der Aufklärung selbst das tyrannische "Ancien Régime" war. Liberal bedeutet, früher war alles schlechter.
Aber früher war alles besser. Alle Hochkulturen der Welt kennen den Mythos vom goldenen Zeitalter, als alles nicht nur besser, sondern wirklich gut war. Die trifunktionale Hypothese von Georges Dumézil lässt sich bis zum Urprung des Menschengeschlechts universalisieren: Klerus, Adel, Pöbel. Nein, durchaus nicht Pöbel: der Dritte Stand hatte in der Ständegesellschaft seine Würde, erst das liberale Zeitalter machte ihm das Dasein zur Bürde. Der Liberalismus und noch mehr der Sozialismus entwurzelten den Dritten Stand und zerstörten die gottgegebene Art des menschlichen Zusammenlebens.
Kein Konservatismus ist als rechts zu akzeptieren, wenn er nicht in letzter Konsequenz Monarchismus ist. Monarchie bedeutet gottgegebene Weltordnung. Der Kaiser, König, Fürst herrscht von Gottes Gnaden. Natürlich haben alle drei Stände in einer gesunden Monarchie ein gewisses Mitbestimmungsrecht, ohne welches man vom Despotismus reden müsste. Und da haben sich linke Gesellschaften (kommunistische, nationalsozialistische, faschistische) als weitaus despotischer erwiesen. Kaum ein vormoderner Tyrann hätte sich mit einem Stalin, Hitler oder Pol Pot messen können.