Intrigant,
Lebemann und Taugenichts, Sohn des eigentlich Herrn der Welt, Philipps
II von Spanien, stirbt Don Carlos 1568 und inspiriert zwei Jahrhunderte
später Schiller zu seinem berühmten Drama. Die Stimme der Vernunft
mahnt, der König des universal herrschenden katholischen Spaniens soll
zwar mit Gewalt um den universalkatholischen Frieden kämpfen, aber nicht
um den Preis des Friedens eines Friedhofs. Der arrogante Herzog Alba
führt sich sehr standesgemäß in Flandern auf, doch hat keinen Erfolg.
Spanien überdehnt seine Kräfte über den ganzen Globus und ist mehrmals
pleite. Der alte König stirbt in Qualen nach langem Leiden an diversen
Krankheiten. Und doch war die Vergeblichkeit das Traurigste daran. Der
große Maler El Greco lebt und malt zu ebendieser Zeit. Das
lebesbejahende Zeitalter des Barocks wurzelt auf den Gipfeln der
katholischen Melancholie.
Auf den Resignationsdefätisten Montaigne folgt der Neuanfänger
Descartes, sekundiert von lebemännisch-lebensklugem La Rochefoucauld.
Frankreich übernimmt die Führung, die Spanien verloren hat. Aber hatte
das große Reich des fundamentalistischen Christianismus überhaupt eine
Chance? Philipp II herrschte von 1556 bis 1598, sein diokletianesk
unheimlicher Vater, der legendäre Karl V, dankte vor seinem Tode noch ab,
und teilte Spanien und das HRR unter den Söhnen Philipp und Ferdinand.
Schon zu diesem Zeitpunkt war Philipp nicht der Eine, sondern einer von
zwei: zwei Habsburgern. Die Dynastie wird geteilt bleiben; die
spanischen Habsburger verlieren, die österreichischen gewinnen an
Bedeutung, die Gesamtmacht der Familie sinkt.
Und wer waren Philipps Zeitgenossen? Seine Besiegerin Elisabeth I von
England, eindeutig bedeutendere Königin. Iwan dem Bedrohlichen von
Russland war sie nicht hochgestellt genug, er soll sie als Braut
verschmäht haben. John Dee, der Zeitgenosse, der den Ausdruck
"Britisches Empire" prägte, war nicht begeistert. Er träumte von einem
360-Grad-Reich am oberen Ende der Nordhemisphäre. Süleyman der
Gesetzgeber war Philipps Zeitgenosse, ein größerer König mit einem
mächtigeren Reich. Die Osmanen wurden 1571 bei Lepanto besiegt, was für
sie aber kein spanisches 1588 war. Frankreich hatte Fieber, kämpfte
Bürgerkrieg für Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Hugenotten, und war
dennoch nie zu schwach, um Spanien in Schach zu halten. Im
Dreißigjährigen Krieg zeigte es, wer auf dem Kontinent der Boss war. Das
ferne Ming-China bemerkte die großen Habsburger nur als Randnotiz, und
Indien? Ladies and Gentlemen, Jalaluddin Muhammad Akbar, der größte
Herrscher seiner Zeit. Kam im selben Jahr wie Philipp II auf den Thron
und regierte bis 1605, da war sogar Elisabeth schon eine tote Frau. Der
Großmogul des Mogulreichs regierte zur Entstehungszeit Don Quijotes das
reichste und mächtigste Land der Welt.