Es gibt die naive, unausgesprochene, und die ostentative Haltung,
alle Menschen seien gleich viel wert. Wer der naiven anhängt, ist
einfach nur noch nicht erwachsen geworden und überträgt unreflektiert
kindheitlich-familiäre Beziehungserfahrungen auf alle Mitmenschen. Wer
ostentativ behauptet, alle Menschen seien gleich, sagt eigentlich, dass
er sich selbst für etwas Besseres und alle anderen für gleich viel wert
hält, dass er dem Heiligen und Verbrecher, dem Schurken und Helden
gleichermaßen Respekt zollen und entziehen kann, völlig nach seiner
Willkür, und damit andere Menschen nicht als Personen betrachtet, sprich
dehumanisiert, und somit diametral entgegengesetzt zum kategorischen
Imperativ handelt.
Wer selbst nicht wertlos ist, wie der ebenerwähte Narzisst/Soziopath,
wird auch objektive Wertunterschiede anerkennen. Es ist selbstevident,
dass nicht alle Menschen gleich sind. Manche verdienen Anerkennung und
Wertschätzung, die anderen Verachtung und Ablehnung. Das bedeutet nicht,
dass es geboten ist, gut zu den Guten und schlecht zu den Schlechten zu
sein; ein guter Mensch handelt zum Wohle aller und hat grundlegenden
Respekt vor der Person eines jeden. Für den schlechten Menschen sind
andere nur Objekte. Somit sagt jener, der alle für gleich viel wert
hält: "Menschen, die die Würde anderer Menschen respektieren und die,
die sie nicht respektieren, sind gleich". Damit erübrigt sich aber auch
das Gute, wenn das Schlechte genauso gut ist.