In der Flüchtlingskrise 2015 hat die Regierung in Deutschland über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden. Dass alles letztlich gutgegangen ist, ist keine Entschuldigung, und damals war es nicht abzusehen. Die unkontrollierte Migration durch geöffnete Grenzen löste Ängste aus, die Regierung verweigerte sich ihrer ersten Pflicht, des Schutzes der Landesgrenzen.
Durch das Gefühl der Ohnmacht ist bei vielen ein Trauma geblieben. Besonders Bürger der ehemaligen DDR, die 25 Jahre später eine nicht mehr für möglich gehaltene Ohnmachtserfahrung gegenüber dem Staat gemacht haben, wurden nachhaltig radikalisiert und der AfD in die Arme getrieben. Und dann kam Corona.
Der einzelne Bürger kann sich nicht an der Landesgrenze hinstellen und illegalen Einwanderern den Zutritt verweigern. Er kann sich aber einer Impfung verweigern. Die Aufnahme der Flüchtlinge war an sich ein Zeichen der Humanität und globaler politischer Verantwortung, nur die Art der Umsetzung erschien den Bürgern einiger Aufnahmeländer wie Vergewaltigung. Was dem Bürger damals an Sicherheit und Kontrolle genommen wurde, fordert er jetzt zurück.
Die überwiegende Anzahl der Impfverweigerer sind keine Impfgegner. Es handelt sich vielmehr um übervorsichtige, ja übervorsichtig gewordene Menschen. Dann gibt es die Impfgegner, die ihre Freiheit bedroht sehen, weil der Staat bereits gezeigt hat, dass er ihre Sorgen und Bedenken nicht ernst nimmt, sondern durch Hetzkampagnen in den Staatsmedien z. B. Einwanderungsgegner pauschal diffamiert. Das Vertrauen gegenüber dem Staat ging bei vielen verloren.
Die radikalste Gruppe der Impfverweigerer, die Corona-Leugner, sind ein
Phänomen der Postmoderne. Hier rächt sich die Blasen-, Bullshit- und
Fake-News-Kultur. Als Alternative zur staatlichen Lügenpresse (die sich
als solche bereits nach dem 11.9.2001 erwiesen hat) wurde eine eigene
Lügenpresse aufgestellt, die den staatlichen Nachrichten "alternative
Fakten" gegenüberstellt.
Dass Bürger nach schlechten Erfahrungen mit der Staatsmacht
misstrauisch reagieren, ist ein gutes Zeichen für eine Demokratie. In
einer Pandemiesituation wäre ironischerweise besser, wenn alle
gehirngewaschene staatshörige Sklaven wären, denn so könnten alle rasch
durchgeimpft werden und wären besser vor dem Virus geschützt.
Wer die Ursachen der gegenwärtigen Spaltung der Gesellschaft nicht erkennt, versteht nicht die politische Dimension der Coronakrise. Wie ein geistig verwirrter Hexenjäger sucht er nach Sündenböcken und wird von der Staatspropaganda darin auch unterstützt, denn den Schuldigen zu finden ist leichter, als ein komplexes und größtenteils selbstverschuldetes Problem zu lösen.