Montag, 30. Januar 2017
Das edle Egal
Wer davon ausgeht, dass nach dem Tod nichts mehr kommt, müsste doch eigentlich ziemlich entspannt sein. Natürlich wird er vor dem Tod noch leben und angesichts des Todes etwas erleben wollen. Ironisch-symbolisch wird er sich um sein sterbliches Erbe kümmern, wobei ihm, wenn er kein Idiot ist, klar sein wird, dass er weder als Geist den ihm auf seiner Beerdigung gezollten Respekt erfahren wird, noch wie es seinen Kindern oder Vermögenswerten nach seinem Tod weitergeht.
Mit Sicherheit wird jemand, der davon ausgeht, dass nach dem Tod nichts mehr kommt, nicht hetzen. Er wird weder im hedonistischen Bereich den Vogel abschießen wollen noch sich angesichts des kommen ewigen Nichts zu verewigen trachten. Die Lust will tiefe Ewigkeit, ist aber in den Grenzen des in diesem Leben Möglichen schnell erschöpft; der theoretische Nihilist wird epikureisch sein Leid mindern wollen, anstatt unmögliche Lust anzustreben. Nach unmöglicher Lust zu streben, führt zu großem Leid.
Was nach ihm kommt, wird dem theoretischen Nihilisten auf edle Art egal sein: nicht scheißegal, aber egal genug, um sich nicht komplett den Arsch für etwas aufzureißen, was er niemals erleben wird. Er wird wohlwollend sein Erbe an seine Erben weitergeben, aber weder Gier noch Geiz werden beim Aufbauen seines Vermächtnisses seine Begleiter sein. Beschreibt dies den modernen Menschen? Durchaus nicht: der moderne Mensch ist die Unruhe selbst, er hetzt, er strebt nach selbstzerstörerischer Lust, er wirtschaftet gierig und geizig, und betreibt Raubbau an seiner natürlichen und sozialen Umwelt sowie seiner Psyche.
Der neuzeitlich-moderne Mensch bekennt sich, gestützt durch den evidenten technologischen Fortschritt seiner Naturwissenschaft, zum theoretischen Nihilismus, sprich dazu, dass es keinen Gott und keine unsterbliche Seele gibt. Er handelt aber wie jemand, der davon überzeugt ist, dass er bereits verdammt ist, und ohnehin in die Hölle kommt: darum entzaubert und entweiht er berserkerhaft die Welt, ist in seinem Arbeits- und Konsumwahn unersättlich, überbietet sich selbst immer schneller in Tabubrechen und Selbstzerstörung. Wenn nach dem Tod nichts ist, dann ist alles egal. Wenn man in die Hölle kommt, will man es vorher noch krachen lassen. Sage mir, wie du lebst, und ich sage dir, woran du wirklich glaubst.
Donnerstag, 26. Januar 2017
Wir sind nicht gleich
Die Chancengleichheit ist ein weit verbreitetes Gerechtigkeitsideal.
Wer für sie eintritt, geht von der grundsätzlichen Gleichheit aller
Menschen aus. Von Natur sind doch alle gleich, oder? Nein. Jeder ist
anders, da hilft kein gewaltsamer Schluss vom Sollen auf das Sein:
die Natur hat uns alle verschieden gemacht, und die Umwelt verschärft
noch die Ungleichheit der Startbedingungen. Kein künstlicher
Ausgleich wird die Verschiedenheit der Menschen abschaffen, -
künstliche Beseitigung von Ungleichheiten mündet in der
sozialistischen Tyrannei der Ergebnisgerechtigkeit, die die
Eigeninitiative ad absurdum führt und die Menschen geistig und
moralisch lähmt.
In der Freiheit sind wir aber alle gleich, schließlich hat uns Gott
alle gleich geschaffen! Wirklich? Man kann dieses Dogma zur
Staatsverfassung machen, wahrer wird es dadurch nicht. In der Bibel
findet sich der gemeine Spruch, Gott hätte wie ein Töpfer souverän
entschieden, aus wem von uns er ein Gefäß für Reines, und aus wem
ein Gefäß für Unreines macht. Ungerecht? Ja, und doch sind wir
alle gleich: wir sind Töpfe aus dem gleichen Lehm. Ungleichheit wäre
somit gottgewollt, ein willkürlicher Entschluss unseres Herrn, aber
"eigentlich" sind wir doch gleich.
Was aber, wenn wir nicht gleich sind? Was, wenn die Ungleichheit
nicht erst mit dem Eintritt in eine bestimmte Welt auftritt, sondern
bereits in unseren unsterblichen Seelen manifestiert ist? Die Mystik
weiß, dass die Seele ungeschaffen ist. Gott hat die Monade Seele
nicht geschaffen, er hat sie nur geweckt. Nur weil wir in unserem
Wesen ungeschaffen sind, sind wir moralisch frei. Das hat aber die
Konsequenz, das wir grundsätzlich ungleich sind, noch vor unserer
Geburt. Wir sind Gott ähnlich, wir sind den Tieren ähnlich, und wir
sind einander ähnlich. Aber nicht gleich.
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