Samstag, 22. November 2014

Feminismus für Männer




Der wahre und historisch berechtigte Feminismus (nicht der heute für Feminismus gehaltene Genderfaschismus) geht davon aus, dass Frauen und Männer zwar nicht gleich, aber gleichwertig sind. Daraus ergibt sich für den Mann ein einziges Gebot: Tu gar nichts für die Frauen! Manchmal tust du vielleicht einem Freund einen Gefallen, aber kein einziger Mann tut etwas für die Männer. Frauen können genauso wie Männer alles selber, - infantilisiere sie nicht, und mach dich nicht zu ihrem Diener. Tu stattdessen etwas für dich selbst: sieh deine Fehler und Irrtümer ein, als da wären:

1. Du hältst Alice Schwarzer für eine Feministin und Esther Vilar für eine Frauenfeindin. In Wahrheit ist es andersrum.

2. Du hängst als erwachsener Mann immer noch an der Titte deiner Mutter und bist davon abhängig, was Frauen von dir halten, und wie attraktiv sie dich finden. Frauen, die ein zahmes und gehorsames lebendes Spielzeug mögen, haben alle einen Hund. Sei wie du bist, anstatt durch Anpassung an Frauenwünsche Zuneigung von Frauen zu erbetteln und zu erpressen, wie einst (oder heute noch) die Zuneigung der Mutter.

3. Du behandelst Frauen wie Huren indem du versuchst, sie - durch Freundlichkeit, Geschenke, Statussymbole, - zu kaufen.

4. Du hältst die widerlichsten Repräsentanten des männlichen Geschlechts nicht für deine Vorbilder, aber unterstellst den Schlimmsten unter den Frauen, Vorbilder und Wortführerinnen der Frauen zu sein. Bedenke: nicht nur Männerkacke, sondern auch Frauenscheiße schwimmt oben. Kein Mann ist als Mann darauf stolz, wenn eine Null etwa zum US-Präsidenten gewählt wird. Warum denkst du dann, dass Frauen die Auslese der Schrecklichsten bei ihrem Geschlecht gutheißen?

5. Du hast ein Helfersyndrom, wenn es um Frauen geht. Wenn du es auslebst, hilfst du nur deinem Helfensyndrom, aber nicht Frauen.

6. Du glaubst, du seist Frauen etwas schuldig. Mach eine Psychotherapie oder sprich mit deiner Mutter, falls sie inzwischen eingesehen hat, dass es emotionaler Kindesmissbrauch war, dir Schuldgefühle zu machen.

7. Du glaubst an biologisch bedingte natürliche Geschlechterrollen. Das ist Schwachsinn. Geschlecht ist zwar biologische Tatsache, aber Geschlechterrollen sind bei Menschen kein Ergebnis der Biologie, sondern ein Produkt der Sozialisation.

8. Du sprichst Frauen als potenziellen Müttern einen priviligierten Status zu. Damit stiehlst du dich als potenzieller Vater aus der Verantwortung.

9. Du glaubst, dein Leben wäre ohne Frauen sinnlos. Es ist wahr, dass die Existenz des einen Geschlechts ohne die Existenz des anderen Geschlechts unmöglich wäre, denn nur zwei Geschlechter zusammen bilden eine Gattung. Jedoch ist dein persönliches Leben katastrophalstenfalls ohne eine geliebte Person, die zufällig weiblich ist, sinnlos, - alle anderen Frauen sind für dein Glück genauso irrelevant wie alle Männer außer dir selbst.

10. Du glaubst, du wärest Frauen für Sex etwas schuldig, und hasst Frauen dafür. Damit hältst du aber dich selbst für minderwertig und deinen Selbsthass für Frauenhass. Du bist als Mann für eine heterosexuelle Frau, die dich will, genauso viel wert, wie sie für dich. Ein Zahlesel ist kein formidabler Sexhengst.

Freitag, 21. November 2014

Der Vergleich




Es gibt prinzipiell unerfüllbare Träume, die jedoch so logisch und legitim sind, dass jeder sie als Kind und Jugendlicher hatte. Die vollkommene Glückseligkeit lässt sich in diesem Leben ohnehin nicht erreichen. Das ist so klar, dass es einem Wunder der Idiotie gleichkommt, wenn jemand das Gegenteil behauptet. Und dennoch behaupten viele Leute das Gegenteil, und sind dabei keine Idioten. Wie ist das möglich?

Der Mensch ist ein soziales Tier; alle Tierarten bis auf homo sapiens sapiens sind in ihren Verhaltensweisen biologisch determiniert, unsere Tierart ist hingegen sozial determiniert. Wir können sogar Gesellschaften aufbauen, die sich mit unserer biologischen Natur nicht vertragen; wir können viel leichter gegen alle biologische Vernunft verstoßen, als gegen unsere sozialen Determinanten.

Die Grundlage des sozialen Lebens ist der Vergleich. Das geht so weit, dass die meisten Menschen gar nicht darüber nachdenken, was es für sie selbst bedeutet glücklich zu sein, - vielmehr schauen sie bei anderen ab, was diese für Glücklichsein halten, und versuchen, sie darin zu übertreffen. Es ist absurd, doch die meisten Leute definieren ihr Glück nicht über ihr persönliches Glücksempfinden, sondern allein darüber, was in der Gesellschaft gerade als Glück gilt, - um dann nach etwas zu streben, was sie eigentlich niemals wollten.

Es ist schwer zuzugeben, dass man unglücklich ist. Lieber spielt man den anderen Glücklichsein vor, denn soziale Ächtung, die den Unglücklichen, den "Gescheiterten" zuteil wird, scheint das größte denkbare Unglück zu sein. Tatsächlich? Stell dir vor, du sitzt angekettet in einem ekelhaften Kerker, Tage, Monate, Jahre, dein Körper verfault, du wirst jeden Tag gequält und gefoltert, und die Erlösung durch den Tod bleibt dir versagt. Wie lange dauert es, bis der Vergleich mit anderen für dein Glücksempfinden keine Rolle mehr spielt? Was spielt es für eine Rolle, wenn du dabei (woher auch immer) die Gewissheit hast, dass es allen, die du kennst, gerade noch schrecklicher ergeht?

Du bist unsterblich in ein Mädchen verliebt, und das Mädchen deiner Träume will dich. Sie ist so wunderschön, wie du sie dir in den schönsten Träumen ausgemalt hast, und nun steht sie vor dir, und will dich so wie du bist. Du suchst paranoiderweise nach einem Haken, aber es gibt keinen. Wohin sind auf einmal die anderen verschwunden, warum ist es dir plötzlich in astronomischen Größenordnungen egal, ob jemand anders verliebter, geliebter oder glücklicher ist als du? Du bist einfach nur glücklich und siehst ein, dass Glücklichsein eine unmittelbare Empfindung ist, die keinen Vergleich braucht.

Der Mensch hat durch seine Kultur einen großen Schritt gemacht, sich vom biologischen Determinismus zu emanzipieren. Der Mensch kann stolz von sich behaupten, kein bloßes Tier mehr zu sein, weil sein Verhalten nicht mehr biologisch determiniert ist. Der Mensch ist aber immer noch ein Herdentier, und hat sich vom sozialen Determinismus mitnichten emanzipiert. Zu diesem Schritt ist Persönlichkeit erforderlich, und diese entsteht, wenn der Einzelne begreift, dass die einzige Menschheit, auf die es ankommt, nicht die Menschenmenge da draußen ist, sondern die Menschheit in der eigenen Person.